Venedig auf den Malediven
Literarische Betrachtungen steigender Wassermassen bekömmlich portioniert.
Romane Malé war bis jetzt eher als bunte Hauptstadt der Malediven bekannt, wo der Tourist mit dem Flieger ankam, um zu weiteren Südseedestinationen in diverse Hotelanlagen verfrachtet zu werden. Dieses zweifelhafte Vergnügen ist in Zeiten wie diesen unmöglich, alleine einen Flieger zu erhaschen, grenzt an eine Mission Impossible. Gut, dass es hier den deutschen Autor Roman Ehrlich gibt, der sich der Inselstadt widmet, könnte man meinen, aber auch im gleichnamigen Roman „Malé“ geht es der Stadt nicht wirklich gut, denn von Tag zu Tag nehmen die Wassermassen zu. Die Stadt ersäuft langsam, aber die Menschen zieht sie trotzdem in ihren Bann. Venedig kann also überall stattfinden.
Gnadenlose Wassermassen
Umso eigenartiger ist es, dass es nach wie vor Aussteiger erwischt, die nach Malé gehen, um nach etwas Lebenssinn zu suchen. Es ist ein Kampf gegen die Zeit, denn die Wellen fressen sich gnadenlos in den Stein. Demgegenüber suchen Aussteiger nach Grenzerfahrungen, in manischen Schüben fordern sie ihr eigenes Leben heraus. So auch der deutsche Lyriker Judy Frank und die Schauspielerin Mona Bauch, die von der Stadt aufgesogen wurden und von denen die Wassermassen jedes Indiz auf deren Aufenthalt wegwischten. Frances Ford, eine Lyrikerin, und der Vater der Schauspielerin wollen Gewissheit und beginnen zu suchen.
Vorbilder scheinen hier klar gegeben zu sein. Von Paul Bowles, D.H. Laurence, über William S. Burroughs bis zu Patricia Highsmith gibt es immer wieder rastlose Autoren, die ihren Gang durch die Welt literarisch dokumentieren. Roman Ehrlich schafft es sehr gut, die Protagonisten ungeschönt den steigenden Wassermassen gegenüberzustellen. Der Vorwurf der Kritik, dass das nur langsam steigende Wasser den Roman nicht erfülle, ist nicht gerechtfertigt: Dem steht ein nahezu unerschöpflicher Einfallsreichtum gegenüber, der sich in den Szenen niederschlägt, in denen der Autor den Moment einer am Rande befindlichen Gesellschaft einfängt.
Auf den Hund gekommen
„Eine Weltgeschichte in 50 Hunden“ – auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Mackenzi Lee durchstöberte historische Archive und wurde fündig. Hunde, treu an ihre Begleiter geschmiegt, die mit ihnen die Welt erobern. So einfach machte es sich die Autorin natürlich nicht, denn die Weltgeschichte in 50 Hunden ist zugleich ein Buch über die Evolution. Es beginnt im Altertum bei den Ägyptern und endet tatsächlich bei den „Rettungshunden des 11. September“ im Jahre 2001.
In vielen Geschichten sind die Zwischenpassagen mehr als gelungen, denn sie werfen einen Blick auf die Geschichte abseits der Lehrbücher. Man kann sich auch in Epochen hineinlesen, die man nicht mehr so sehr im Gedächtnis hat. Dazu unterliegt natürlich auch der Hund den unterschiedlichen Modeströmungen. Nach den vielen Katzenbüchern sind nun die Hunde im Vormarsch. Exotische Begleiter des Menschen wären ein logischer nächster Schritt.