Dabei ist die Kunst sinnstiftend
Zuerst in ein Konzert, um dann die Abende in kontemplativer Stimmung genießen zu können, das geht heuer nicht. Es gibt keine Konzerte, auch nicht im kleinen Rahmen zu Weihnachten. Das Fernsehen ist keine Alternative, und die Streaming-Angebote sind für Musikfreunde nicht mehr als eine bemerkens- und vor allem dankenswerte Notlösung. Mit dem Mundnasenschutz, den wir nun nur anheben, um am Tee- oder Weinglas zu nippen, halten wir uns die Menschen verantwortungsbewusst auf Distanz und ersehnen uns Zeiten, in denen uns die Sorge um einen möglicherweise erhöhten Aerosol-Ausstoß nicht mehr daran hindert, einem notwendigen Erheben der Stimme zu entsprechen oder Trost mit Berührungen zu spenden.
Das Kulturpublikum hat die Distanziertheit bereits im Frühsommer eingeübt und das Verhalten im Sommer verantwortungsvoll verinnerlicht. Die Auseinandersetzung mit uns selbst, mit dem Menschsein sowie die Musik, die Sprache, die bildende Kunst, die Achtsamkeit und der Respekt überhaupt war manch unbequeme Corona-Präventionsmaßnahme wert. Dass es im Vergleich zu anderen Bereichen des Lebens und der Freizeitgestaltung nie ein Thema war, ob das Maskentragen Theater-, Konzert- und Ausstellungsbesuchern zuzumuten ist, hat nichts genützt. Alles, was mit Kunst zu tun hatte, war bei jedem Halb- oder Totallockdown, der in diesem Jahr verordnet wurde, zuallererst untersagt und zuallerletzt wieder erlaubt. Bemerkungen aus der Musikszene, dass die Regierung lieber Tausende Menschen in ein Einkaufszentrum lässt, als ein paar Hundert in ein Konzert, stehen pars pro toto für die Situation in Österreich und verdeutlichen immer noch die grundsätzliche Verkennung des Stellenwerts von Kunst und Kultur mit dem sinnstiftenden Aspekt.
Dabei ist es weder beabsichtigt noch zielführend, den Handel gegen eine Musikdarbietung und das Skifahren gegen einen Museumsbesuch auszuspielen, auch die Notwendigkeit mancher Maßnahmen ist Verantwortungsbewussten absolut plausibel. Im Kontrast dazu müssen Kulturschaffende und alle, die daran teilhaben wollen, aber zur Kenntnis nehmen, dass die Regierungsspitze sie als Kulturverliebte bezeichnet und entsprechend dieser abschätzigen Bemerkung auf eine Professionalisierung der Kommunikation zwischen Verordnern und Betroffenen beharrlich verzichtet.
Dass es in Vorarlberg zumindest in diesem Bereich etwas besser läuft, mag an den kürzeren Wegen liegen. Angesichts der besonders stark betroffenen Branche, die bekanntermaßen auch einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor darstellt, ein Zeichen zu setzen, dazu konnte man sich aber nicht durchringen. Das Minus im Kulturbudget für 2021 lässt sich angesichts der vergleichsweise kleinen Summe, um die es hier geht, nicht rechtfertigen. Es darf und muss wiederholt werden: Die Kulturbudgetkürzung war gerade heuer definitiv das absolut falsche Signal, fast ein Klein-Beigeben der Entscheidungsträger, das andernorts bzw. in anderen Bundesländern nicht passierte.
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