Als mit der Heirat das Aus kam

Kultur / 15.01.2021 • 10:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Als mit der Heirat das Aus kam
Evelyn Fink-Mennel: „Die neuen wissenschaftlichen Arbeiten führen auch zu einer Sensibilisierung für das Thema.“  FAISS

Evelyn Fink-Mennel hat zu Frauen und Musik geforscht und wurde auch in Kirchen fündig.

Feldkirch Eine verheiratete Frau war Schülerinnen und Schülern nicht zumutbar oder sollte sich nach dem Rollenverständnis der Patriarchen ausschließlich um ihre Familie kümmern. Wie viele Ehefrauen und Mütter für einen Hungerlohn in den Fabriken schufteten, das war den Entscheidungsträgern zwar oft egal, aber sobald der Trauschein unterschrieben wurde, war der Zutritt zum Lehrerinnenpult verwehrt. Das kennt man aus der Geschichte des Landes. Ähnlich erging es jenen, die ihre schöne Stimme in Kirchenchören zum Einsatz brachten. Mit der Heirat kam das Aus. Zumindest in einigen Bregenzerwälder Gemeinden ist Evelyn Fink-Mennel auf diesen Umstand gestoßen. Die Gründe kann die bekannte Musikerin, Wissenschaftlerin und Professorin am Landeskonservatorium nur vermuten. Es hatte mit einer merkwürdigen Vorstellung von Keuschheit zu tun oder mit den Erwartungen an die Hausfrau.

Hoher Wert der Forschung

Freilich ist diese Geschichte nur ein Aspekt im Rahmen einer umfangreichen Forschung, zu Frauen in der Musik, die vom Landeskonservatorium in Feldkirch initiiert wurde, das in diesem Fall mit der Internationalen Bodenseehochschule, der Universität Zürich, dem Frauenmuseum Hittisau und dem Unternehmen Musik in der Pforte zusammenarbeitete. Fink-Mennel misst diesen Forschungsarbeiten einen hohen Wert bei, weil die Studierenden umgehend davon profitieren. Was das Thema Frauen und Musik betrifft, fühlte sich Klaus Christa (Musik in der Pforte) sofort angesprochen und hat ein entsprechendes Konzertprogramm erarbeitet, in dessen Rahmen bereits mehrere Aufführungen von Werken von Komponistinnen stattgefunden haben. Zudem wurden Symposien mit namhaften Referentinnen wie Beatrix Borchard veranstaltet. Ana Sobral hat über Frauen im Rap referiert und dabei deren Widerstand bzw. Kampf gegen Ungerechtigkeit skizziert. Der Vorarlberger Historiker Meinrad Pichler erzählt von Caroline Langwara (1859-1932), die es schaffte, sich als Gesangspädagogin durchzusetzen.

„Ich verstehe Feminismus als Kritik an einer ungleichen Machtverteilung.“

Evelyn Fink-Mennel, Musikerin, Musikwissenschaftlerin, Pädagogin

Fink-Mennel selbst hat Frauenbilder im Volkslied untersucht. Frauen war es zwar so gut wie nicht möglich, aus dem engen Korsett der ihr zugewiesenen Rolle auszubrechen, aber immerhin gibt es einige Lieder, etwa “Die Nachtigall” (“Kaum hatte sie fünf Wochen einen Mann, so geht das Weinen und Klagen schon an . . .”), mit denen vor der Ehe gewarnt wird, weil sich für die Verheiratete das Leben dann nur noch um den Mann und die Küche dreht sowie um eine Kinderschar, die sich von Jahr zu Jahr vergrößert.

“Es muss sich etwas ändern”

Wie steht es um derlei Erkenntnisse, wenn an den Orchesterpulten dann fast nur Männer stehen und auch Bildungseinrichtungen wie das Landeskonservatorium, an dem die Zahl der Studentinnen gegenüber den Studenten überwiegt, von einem Direktor geführt werden? Gender und Diversity werden in Feldkirch etwa bei Stellenbesetzungen ernst genommen, meint Evelyn Fink-Mennel. “Dieser Geist ist da. Es muss sich allerdings strukturell etwas tun bzw. ändern, nur dann geht es auch in die Breite.” Sie fordert von den Musikerinnen und Pädagoginnen die Bereitschaft, leitende Funktionen zu übernehmen. Sie habe einst selbst von der Tatsache profitiert, dass in ihrer Generation zumindest der Zugang zur Ausbildung geebnet war und die Chancen ergriffen. “Meine Mama wäre auch gerne Musikerin geworden. Diese Möglichkeit gab es für sie aber nicht.” Wer im Feminismis etwas Negatives sieht, dem könne sie nur ihre Definition des Begriffs entgegenhalten: “Ich verstehe Feminismus als Kritik an einer ungleichen Machtverteilung.”

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