Ein Quereinsteiger macht mit Kunst Furore

Roland Doschka kuratierte erfolgreiche Ausstellungen und bringt heuer Chagall nach Lindau.
lindau Über 700.000 Besucher sind in den letzten zehn Jahren zu seinen Ausstellungen nach Lindau gekommen. Wie der Lindauer Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn, der Roland Doschka aus seiner Studentenzeit in Tübingen kannte, erzählt, hatte er kaum zu hoffen gewagt, dass der international erfolgreiche Ausstellungskurator in einer so kleinen Stadt überhaupt arbeiten werde, doch Doschka – wohnhaft bei Tübingen, aber mit Zweitwohnsitz am Bodensee – ist auf seine Anfrage eingestiegen. 2011 gab es in Lindau die erste Chagall-Ausstellung, dieses Jahr wird sich der Reigen mit Chagall schließen.
Dank seiner Beziehungen hat Doschka nicht nur Besucher nach Lindau gebracht, sondern auch mitgeholfen, dass die Bundesrepublik Deutschland zehn Millionen Euro zur Sanierung des Lindauer Stadtmuseums im Haus zum Cavazzen beiträgt. Zusammen mit der Hilfe des Freistaats Bayern komme eine Fördersumme von 18 Millionen zusammen.
Kontakte zu Künstlerfamilien
Wie ist der promovierte Romanist und Anglist, der 35 Jahre lang an der Universität Freiburg lehrte, zur Kunst gekommen? Tübingens Partneruniversität Aix-en-Provence hat ihn angezogen, Kontakte zur Tochter Picassos, zu anderen Künstlerfamilien haben seine Liebe zu Picasso, zu den französischen Impressionisten geweckt. Wie Warmbrunn sagt, geht Doschka als Kurator anders ans Werk als ein Kunsthistoriker. Er versetze sich in die Rolle der Besucher, packe das Ganze pädagogisch an, einschließlich passender Workshops. Hier könne er seine Erfahrung als akademischer Lehrer einsetzen, aber eben so, dass ein Zugang ohne akademische Hürden bereitet wird. Wichtig sei ihm, dass auch nicht kunstaffine Menschen angezogen werden, dass Schulen in die Ausstellungen kommen. Die Stadt Lindau hat ihn mit dem Goldenen Bürgerring der Stadt geehrt.
Seine Heimatstadt Tübingen ist eine Stadt der Kuratoren: Werner Spies, Götz Adriani, Roland Doschka, jeder packt es anders an. Doschka hat ein Netzwerk mit Museen und privaten Leihgebern auf der ganzen Welt, er hat in Balingen ausgestellt, aber ebenso in Palermo. Regelmäßig gehen seine Lindauer Ausstellungen danach ins belgische Lüttich. Seine Liebe gehört der Kunst. Gerade weil er ein Quereinsteiger ist, spricht er eine breite Masse an. Man mag über Ausstellungstourismus auch andere Ansichten haben, aber wenn dadurch neue Interessenten für die Kunst gewonnen werden, lohnt es sich. Doschka ist ein Dilettant, ein Liebhaber. Das merkt man in den Ausstellungen, das merken die Besucher und viele freuen sich bereits auf seine nächste Schau. hv
„Marc Chagall – Paradiesische Gärten“ mit 67 Werken (1. Mai bis 31. Oktober) im Lindauer Kunstmuseum und dazu einen „Chagall-Garten“ im Gartenschau-Gelände