Coronatauglicher Kulturgenuss

Kammgarn setzt mit dem Format „Achtung Kultur“ ein Zeichen gegen den Stillstand.
Hard „Achtung Kultur“ nennt sich das neue Veranstaltungsformat der Kammgarn Kulturwerkstatt Hard, die ein sichtbares Zeichen gegen den kulturellen Stillstand setzen möchte. Die Initiative beinhaltet neben verschiedenen Kunstaktionen im Dorf auch eine bunte Auswahl an Livestreams, in denen Künstlern eine Auftrittsmöglichkeit geboten wird. „Was das Feedback der Zuschauer und den Spaßfaktor betrifft, waren die bisherigen Online-Veranstaltungen ein voller Erfolg“, freut sich Kammgarn-Geschäftsführer Lucas Bitschnau im Interview mit den VN.
Wie ist die Idee entstanden, regelmäßig Streaming-Projekte in der Kammgarn anzubieten?
Bitschnau Aufgrund der fehlenden Planungssicherheit mussten wir ein Konzept erarbeiten, welches uns zumindest für das erste Quartal eine gewisse Perspektive schafft. Unter dem Motto „Achtung Kultur“ ist ein Corona-unabhängiges Kulturprojekt entstanden, wobei das Streaming-Angebot nur ein Teil davon ist.
Ein Zeichen für die Kultur zu setzen, ist aktuell wohl wichtiger denn je.
Bitschnau Die Pandemie und daraus folgende Maßnahmen haben die Kulturszene total zum Erliegen gebracht. Gerade jetzt ist es enorm wichtig, aus dieser Lethargie auszubrechen und ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, damit man am Ende nicht komplett unter die Räder kommt. Wenn das Publikum nicht zu uns kommen darf, können wir so zumindest ein bisschen Kammgarn-Feeling zu den Leuten ins Wohnzimmer bringen.
Welches Feedback habt ihr auf die ersten Streaming-Projekte mit Philipp Lingg und dem Spinnerei-Slam bekommen?
Bitschnau Was das Feedback der Zuschauer und den Spaßfaktor betrifft, waren die bisherigen Online-Veranstaltungen ein voller Erfolg. Es hat alles wunderbar geklappt, vor allem wenn man bedenkt, dass die Produktion von Live-Multimedia-Content komplettes Neuland für uns war. Nicht zuletzt dank der tollen Kooperation mit vol.at haben wir mittlerweile schon fast 7000 Zugriffe auf den ersten beiden Videos.
Wie froh sind die Künstler, gerade jetzt eine Plattform zu bekommen?
Bitschnau In erster Linie sind alle Künstler froh, überhaupt irgendwie auftreten zu können. Bei den bisherigen Streams war ein toller Team-Spirit spürbar, da es für alle Beteiligten einfach schön war, wieder etwas Kreatives zu erschaffen. Es soll aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die physische Anwesenheit von Publikum im Saal gewaltig fehlt. Die Kammgarn ist ein Ort der Begegnung und diesen direkten Kontakt können und wollen wir nicht auf Dauer digital kompensieren.
Wie wählt ihr das Programm für
eure Online-Events aus?
Bitschnau Es ist uns wichtig, dass wir unabhängig von Quoten und Klicks die kulturelle Vielfalt der Kammgarn Hard abbilden. So bekommen mit Musik, Kabarett, Kindertheater und Poetry Slam alle wichtigen Programmschienen dieselbe Plattform. Bei der Künstler-Auswahl steht wie immer die Qualität im Mittelpunkt, wobei in Coronazeiten noch Themen wie Reisebeschränkungen und eklatante Budgetknappheit eine Rolle spielen.
Veranstaltungen vor Publikum werden angesichts der Verlängerung des Kultur-Lockdowns noch länger nicht möglich sein. Wie geht ihr damit um, dass ihr weiter keine Perspektiven habt?
Bitschnau Die fehlende Planungssicherheit und die damit verbundene Ungewissheit sind das größte Problem. Programmtechnisch können wir diese eben durch die „Achtung Kultur“-Aktion zumindest ein wenig umgehen. Neben der Verwaltung machen uns vor allem ständige Verschiebungen, Budgetanpassungen und Neuausrichtungen viel Arbeit. Dazu kommt, dass das gesamte Team in Kurzarbeit ist. Mit weniger Stunden diesen Mehraufwand abzufedern, ist schon ein ordentlicher Spagat. Gerade die „Achtung Kultur“-Aktion wäre ohne die engagierte und ehrenamtliche Mithilfe aus dem Kammgarn-Umfeld gar nicht möglich.
Wie steht es finanziell um die
Kammgarn?
Bitschnau Da wir keine Einnahmen aus dem laufenden Betrieb erwirtschaften können, stehen wir budgettechnisch mit dem Rücken voll zur Wand. Mögliche Öffnungsschritte, welche an Restriktionen geknüpft sind, sind finanziell zudem eine große Gefahr. Wenn Kulturveranstaltungen nur noch mit Hürden wie Freitesten, Maske und begrenzten Besucherkapazitäten möglich sind, wäre das für uns ohne weitere Unterstützung auf Dauer wirtschaftlicher Selbstmord.
Welche Aktionen sind künftig noch im Rahmen der Initiative „Achtung Kultur“ geplant?
Bitschnau Derzeit läuft eine Plakataktion, die auf die „Leere“, die durch die fehlende Kultur entsteht, hinweisen soll, außerdem gibt es eine Lichtinstallation, welche das „Achtung Kultur“-Logo auf Hauswände und leere Flächen projiziert. Für den Monat März sind noch Kulturboxen geplant, die im Ort aufgestellt werden und diverse Überraschungen beinhalten. Online gibt es am 28. Februar um 15 Uhr ein Familienprogramm mit Herbert und Mimi und am 19. März haben wir den dreifachen österreichischen Kabarettpreis-Gewinner Hosea Ratschiller zu Gast im Kammgarn-Livestream.
„Wir wollen unabhängig von Quoten und Klicks die kulturelle Vielfalt der Kammgarn abbilden.“
Alle Veranstaltungen können unter livestream.kammgarn.at live mitverfolgt oder später nachgesehen werden. Programm: www.kammgarn.at