Landestheater hat einen musikalischen Schatz parat

Das Vorarlberger Landestheater hat Händels „Jephtha“ produziert, muss die Premiere aber verschieben.
Bregenz Es ist extrem traurig und damit besonders herausfordernd. Auch wer am Freitagabend glücklich in der Generalprobe der Neuinszenierung von „Jephtha“ von Georg Friedrich Händel saß, konnte nicht ausblenden, was dem Publikum, dem schon seit fast fünf Monaten keine Live-Aufführung mehr vergönnt ist, hier verwehrt wird. Einziger Trost: Mit „Jephtha“, dem 1752 in London uraufgeführten dramatischen Oratorium, weitet das Vorarlberger Landestheater nicht nur sein Repertoire aus, es hat einen besonderen Schatz im Spielplan der kommenden Saison, in den die Produktion aufgrund der Corona-bedingten Veranstaltungsverbote verschoben wird.

Trotz des düsteren Stoffs hätte sich an diesem Wochenende wohl ein Fest für die Musikfreunde ereignet. Ohne sich eine Orchester- und Sängerbewertung in dieser speziellen finalen Probensituation anzumaßen, steht die hohe Qualität der gesamten Besetzung, des von Heinz Ferlesch geleiteten Symphonieorchesters Vorarlberg und im Besonderen des von Benjamin Lack einstudierten Bregenzer Festspielchores fest. Dass die Musiktheaterbühnen (etwa die Pariser Oper) dieses Werk in letzter Zeit wieder im Programm haben, mag auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass der Konflikt, den der Feldherr Jephtha mit sich austrägt, nachdem er seine Tochter aufgrund eines Schwurs jenem Gott opfern soll, der ihm in einer Schlacht zum Sieg verhalf, enormes musikalisches Potenzial hat. Da kann das SOV seine Erfahrung in historisch informierter Spielweise einbringen, sie ausweiten und damit derart glänzen, dass eine etwaig trockene Akustik im Kornmarkttheater sofort verfliegt. Ähnliches gilt für den Chor. Mitunter traute man seinen Ohren kaum und begann die gerade ausreichende Zahl an Personen zu zählen, die einen derart dichten Klang zu erzeugen vermochten.

Fantastische Produktion
Wenn vor allem Michael Feyfar (Jephtha) und James Hall (Hamor), aber auch Elisabeth Wimmer (Iphis), Cornelia Sonnleithner (Storgé), Thomas Stimmel (Zebul) und die junge Vorarlbergerin Veronika Vetter (Engel) im nächsten Jahr bei der Premiere wieder dabei sind, wird es eine fantastische Produktion. (Aktuell ausgestrahlt wird sie von Radio Vorarlberg.) Regisseur Stefan Otteni braucht noch die Schauspieler Maria Lisa Huber und Nico Raschner sowie einige Zitate aus verschiedener Literatur, um dem auf dem Alten Testament basierenden Libretto von Thomas Morell weitere aktuelle Bezüge zu verleihen. In der Ausstattung mit viel Projektion von Ayşe Gülsüm Özel wird es eine kompakte, auf die Musik konzentrierte Produktion, die neben ein paar fein erspürten Bemerkungen zu den Geschlechterrollen zum Schluss kommt, dass die modernen Menschen derlei Opferungen zwar kritischer gegenüberstehen, bei der Wahl dessen, was sie verherrlichen, aber leider nicht unbedingt klüger geworden sind.
Aufgrund der Aufführungsverbote kann „Jephtha“ erst in der Saison 2021/22 vor Publikum gezeigt werden. Radio-Übertragung am 7. März, 19 Uhr, ORF Vorarlberg.