Wenn Sehnsucht groß wird
Es geht mir in jüngerer Zeit so wie manch anderen: Die Sehnsucht nach Meer, nach Süden, nach Wärme, nach mediterranem Leben wächst. Und sie wird täglich größer. Bei mir geht die Sehnsucht nach Griechenland, nach Athen, auf die Inseln, zu den griechischen Freunden. Deshalb läuft bei mir derzeit permanent griechische Musik, vom bekannten Rembetiko oder Sirtaki bis hin zu großer Musik, die auf bedeutender Literatur basiert. Und jetzt, in den letzten Tagen, kommen noch Gedenktage hinzu, die die Gedanken verstärkt nach Südosten richten.
Vor zwei Tagen, am 25. März vor 200 Jahren, begann der griechische Befreiungskrieg gegen die Osmanen. Mehr als 350 Jahre, seit dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453, waren die Griechen unter osmanisch-türkischer Herrschaft. Es gibt ausreichend Literatur zu diesem Ereignis, man muss hier also nicht ins Detail gehen. Erwähnenswert ist aber doch, dass dieser Aufstand nicht ein nur griechisches Ereignis war, sondern dass sich die sogenannten Philhellenen aus Zentraleuropa aus idealistischen, dem antiken Griechentum geschuldeten Ideen, dem Aufstand anschlossen. Heinrich Heine schrieb damals über die Griechenland-Schwärmer: „Die Jugend zeigte sich am meisten enthusiastisch für Hellas … Gar besonders glüheten und flammten die Philologen.“ Der berühmteste Kämpfer für Griechenlands neue Freiheit war der englische Lyriker Lord Byron, von dem sich noch heute auf einer Säule am Poseidon-Tempel auf Kap Sunion ein geritzter Eintrag findet. Die Großmächte Frankreich, England und Russland unterstützten die Freiheitsbewegung, setzten aber durch, dass ein europäischer König in Griechenland eingesetzt wurde, der bayerische Wittelsbacher Otto I. Er war Griechenfreund und gestaltete das damals kleine Dorf Athen mit etwa 8000 Einwohnern mit an die griechische Klassik gemahnenden Bauten aus, die noch heute die Millionenstadt bestimmen.
Aber auch andere Erinnerungen kommen auf. Wenige Tage nämlich ist es her, dass man des 25. Todestages von Odysseas Elytis, des zweiten griechischen Nobelpreisträgers für Literatur gedachte. Der erste war übrigens Giorgos Seferis, der 1963 ausgezeichnet wurde. Den Preis erhielt Elytis 1979 für sein großes Epos „Axion Esti“ („Gepriesen sei“), in dem er religiöse, vor allem aber auch historische Themen des griechischen Freiheitskampfes aufnahm.
Das Mammutwerk wurde später von Mikis Theodorakis vertont und erreichte nicht zuletzt deshalb den Status eines Nationalepos, das in Griechenland tatsächlich jeder kennt. Und bis ich wieder einmal nach Hellas komme, begleitet auch mich dieses wunderbare Gedicht mit der kongenialen Musik.
„Vor zwei Tagen, am 25. März vor 200 Jahren, begann der griechische Befreiungskrieg gegen die Osmanen.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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