Massive Kritik an Landesregierung aus Kultur- und Kreativbereich

Rund hundert Kulturschaffende, darunter namhafte Künstler und Leiter von Unternehmen richten offenen Brief an LH Wallner und LSth. Schöbi-Fink.
Bregenz In Vorarlberg werde nicht nur ignoriert, dass Kunst und Kultur ein Wirtschaftsfaktor sind, auch die Tatsache, dass kreative Leistungen eine wichtige Basis für die vielzitierte Zukunftsfähigkeit des Landes darstellen, bleibe unberücksichtigt, erklärt Brigitta Soraperra, bekannte Regisseurin und Kulturvermittlerin. Nach einer Kürzung des im Vergleich zum Landeshaushalt ohnehin marginalen Kulturbudgets haben zahlreiche Kulturschaffende ihr Unverständnis bekundet und mit Argumenten belegt. Nun wird in einem von Kulturschaffenden und Interessensvertretern initiierten Offenen Brief an Landeshauptmann Markus Wallner und Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink Gesprächsbereitschaft gefordert.
Ausschlaggebend für den Zeitpunkt ist die jüngste Bekanntgabe von Zusatzförderungen für Investitionen in der Bauwirtschaft um rund 43 Prozent.
Gleichbehandlung gefordert
Angesichts dieser Zahlen und Maßnahmen bleibe den Vorarlberger Kulturschaffenden buchstäblich die Spucke weg, heißt es in dem Offenen Brief. “Uns wurde bereits im Dezember durch die für uns zuständige Landesrätin Barbara Schöbi-Fink via Presse verkündigt, dass das Land Vorarlberg angesichts der aktuellen Pandemiesituation sparen müsse, und es ,unabwendbar’ sei, das Kulturförderbudget des Landes für 2021 auf 23,4 Millionen Euro zu kürzen. ”
Gefordert wird die Gleichstellung und Gleichbehandlung des Kultursektors mit allen anderen Bereichen, “denn wir sind ein genauso wichtiger Wirtschaftsfaktor wie Handel, Tourismus, Gastronomie, Landwirtschaft, Bauwirtschaft und Straßenbau (siehe auch die Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung vom Juni 2020). Wir fordern die angemessene, auch pekuniäre Wertschätzung unserer Produkte, mit denen wir nicht nur zur finanziellen Wertschöpfung, sondern auch wesentlich zur psychischen und physischen Gesundheit der Bevölkerung beitragen, insbesondere auch von Kindern und Jugendlichen und anderen vulnerablen Gruppen und ganz besonders in gesellschaftlichen Ausnahmesituationen. Wir haben keine Gewerkschaft, aber das bedeutet nicht, dass wir keine faire Behandlung auf Augenhöhe verdienen.”
Regierung soll eigenes Arbeitsprogramm ernst nehmen
Von seiten der Kulturabteilung des Landes sei öffentlich verkündet worden, dass das Land niemanden zurücklasse. Das Gegenteil sei der Fall: “Wir fühlen uns aber, je länger diese Krise dauert, und je mehr wir sehen, wie in andere Sparten investiert wird, nicht ernst genommen und zurückgelassen. Es ist höchste Zeit und steht dem Land Vorarlberg an, sich auch zum Kultursektor mit Weitblick und mit nachhaltig wirkenden Investitionen zu bekennen und das eigene Arbeitsprogramm, nämlich “Gute Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu schaffen” ernst zu nehmen.”
Aus diesen Gründen wird die die Verdopplung des aktuellen Kulturförderbudgets auf dann immer noch lediglich 2,38 Prozent des gesamten Landesbudgets 2021 gefordert, um endlich ein verbindliches Fair Pay System in der Vorarlberger Kulturförderung verankern zu können. Gefordert werden Investition in sinnvolle, ausreichend dotierte Maßnahmen, welche es den Kulturschaffenden ermöglichen, aus der aktuellen Bittstellerfunktion zu kommen. “Diese Investitionen sind absolut und bitter nötig, wenn der Kultursektor nicht ausgehungert werden soll. Und: Sie tragen zweifellos zum ,Aufschwung und zur Zukunftsfähigkeit’ des Landes bei.”
Wertschöpfungeffekte in der Höhe von 9,8 Milliarden Euro
Aus der erwähnten Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung gehe hervor, dass die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte des Kultursektors in Österreich auf rund 9,8 Milliarden. Euro zu schätzen sind. Die ökonomischen Schäden im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise werden auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro geschätzt und verteilen sich in unterschiedlichem Ausmaß auf die Teilsektoren des Kulturbereiches.
Der Offene Brief ist von rund 100 Personen unterzeichnend, die entweder freischaffenden in vielen Bereichen tätig sind oder Kulturunternehmen in Vorarlberg leiten.
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