Von der Basis zum Gipfel der Blasmusik

Kultur / 11.04.2021 • 08:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Von der Basis zum Gipfel der Blasmusik
Mit dem „Windwerk Musikproject“ wird Thomas Ludescher voraussichtlich im September wieder live auftreten.  WINDWERK

Die Verpflichtung von Thomas Ludescher an die Musikhochschule Bozen bedeutet für ihn eine Spitzenposition.

Bürs Begonnen hat er seine Ausbildung als Elektriker, bevor er erstmals eine Trompete in die Hand bekam und die Blasmusik seinen Lebensweg bestimmte. 20 Jahre als Vorarlberger Landeskapellmeister der Blaskapellen waren ihm nicht genug, sein Streben nach Perfektion gipfelte in ersten Preisen mit seinem Sinfonischen Blasorchester im Blasmusik-Mekka Kerkrade.
 
Sie sind als Professor für Blasorchesterleitung an die Bozner Musikhochschule Claudio Monteverdi berufen worden. Gibt es in Ihrem Terminkalender überhaupt noch Platz für eine weitere Dozentenstelle?
Als ersten Schritt gebe ich die Leitung der Musikschule Brandnertal ab. Diese Chance, eine von wenigen Professuren für Blasorchesterleitung mit Bachelor und Master, Orchester und Forschung zu erreichen, kann man sich nicht entgehen lassen. Mit dieser beruflichen Neuorientierung lege ich den Fokus auf mein Kernthema, die Dirigentenausbildung.
 
Welches Ansehen hat diese Position im Südtiroler Musikleben?
Es ist ein junger Lehrstuhl, aber das Ansehen ist sehr groß und die Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Musikleben und der Rückhalt fantastisch. Für das Studium dort gibt es viele Möglichkeiten, von Vollzeit- über Teilzeit bis zu Weiterbildungsformaten.
 
In Ihrem steten Streben nach dem Höchstmöglichen in der Blasmusik ist das international erfolgreiche Sinfonische Blasorchester Vorarlberg entstanden. Es gab aber auch Blasmusiker im Land, die Ihnen diesen Erfolg missgönnt haben, weil das nicht mehr ihren Vorstellungen entsprach.
Ich denke, das liegt in der Natur der Sache. Es wird immer und überall Neider geben und es wird auch immer Gestalter und Verwalter geben. Stillstand ist Rückschritt. Unsere Fans, die den Eventcharakter unserer Konzerte mit Lichtshows, Filmzuspielungen und Raumklang erlebt haben, kommen immer wieder.
 
Sie haben mit diesem Orchester auch Werke von Maurice Hamers uraufgeführt, der Ihr Mentor war und ist. Was haben Sie ihm zu verdanken?
Ich habe während meiner abgeschlossenen vier Studien viele besondere Persönlichkeiten erleben dürfen, wie meinen ersten Lehrer Lothar Hilbrand, aber auch bei Meisterkursen Dirigenten wie Andreas Spörri und Bernard Haitink oder die Komponisten Alfred Reed und Johan de Meij. Von allen konnte ich viel mitnehmen. Maurice Hamers verdanke ich den Blick auf die internationale Bläserszene mit Blasorchester, Brassband und Fanfare-Orchester und auf die einzigartige alte holländische Klangschule.
 
Die zweite prägende Persönlichkeit in Ihrem Musikerleben ist Herbert Willi, bei dem Sie am Konservatorium Komposition studiert haben.
Herbert Willi ist mehr als ein Kompositionslehrer, für ihn war die Vermittlung seines Kompositionsunterrichtes ein ganzheitlicher Prozess, geprägt mit vielen künstlerischen, pädagogischen und menschlichen Aspekten und mit einer unglaublichen Offenheit vom Amateurbereich bis zur Weltklasse. Wir pflegen heute noch einen regelmäßigen und freundschaftlichen Kontakt.

Thomas Ludescher, Dirigent
Thomas Ludescher, Dirigent


 
Ihr Sinfonisches Blasorchester heißt inzwischen „Windwerk Musicproject“ – wofür steht dieser neue Name?
Zunächst für einen Neustart, quasi das zweite Leben mit vielen Erkenntnissen aus den vergangenen 20 Jahren. Wir sind kein Sinfonieorchester und kein typisches Blasorchester, wir sind „Windwerk“. Diese neue Richtung wollen wir als Marke aufbauen und etablieren, mit eigener Klangsprache, spezieller Literatur und Arrangements.
 
Wann wird man „Windwerk“ nach Corona wieder hören können?
Wir waren in der Coronazeit sehr fleißig, die neue Struktur inklusive Personal steht, die neue Jugend und Nachwuchsschiene („YouthLab“) ist bereit für das erste Projekt. Coronabedingt mussten wir unser erstes Liveprojekt den Bedingungen anpassen und werden Ende September, sofern möglich, wieder live zu hören sein.
 
Derzeit läuft mit „Windwerk“ auch ein internationaler Arrangement-Wettbewerb. Wie groß ist das Interesse?
Das war ein weiterer Schritt in die neue Marke. Dieser Wettbewerb „TakeOff“ ist ein voller Erfolg, 24 Einreichungen aus acht Ländern haben uns erreicht. Momentan werden von einer Jury bis zu zehn Projekte studiert und ausgewählt, die zweite Phase unter einem internationalen Coach wird Anfang Mai eröffnet.
 
Möchten Sie auch ein großes Sinfonieorchester dirigieren?
Wer wollte das nicht. Meine Kernkompetenz ist die Bläserwelt, da konnte ich alle Formen bis zum professionellen Level leiten. Ich studiere auch intensiv Werke des sinfonischen Bereichs, um dabei neue Klangmöglichkeiten für das Sinfonische Blasorchester zu entdecken. Fritz Jurmann

THOMAS LUDESCHER

Geboren 3. Februar 1969 in Feldkirch, lebt in Bürs

Ausbildung Trompete und Musikpädagogik am Landeskonservatorium und der Wiener Musikuni, 2003 Diplomprüfung an der Musikuni Augsburg-Nürnberg (Maurice Hamers), Kompositionsstudium bei Herbert Willi

Tätigkeit Gründung und Leitung des Sinfonischen Blasorchesters Vorarlberg, Studienlehrgänge an den Konservatorien Feldkirch und Innsbruck und der Musikhochschule Nürnberg, 1996 bis 2016 Landeskapellmeister Vorarlberger Blasmusikverband, stv. Bundeskapellmeister, Fachbereichsleiter im Vlbg. Musikschulwerk, Professor an der Musikhochschule Bozen

Auszeichnung Großes Verdienstzeichen des Landes 2018

Familie verheiratet, zwei Kinder

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