Weitere Lehren aus der Modellregion Vorarlberg
Beim Durchsehen der nun nach und nach bekannten Spielpläne des Burgtheaters, der Staatsoper und der Bundesländerbühnen rückt ein Aspekt besonders in den Fokus: Was dort ab 19. Mai möglich ist, genießen wir in Vorarlberg bereits seit zwei Monaten. Gut, die Auflagen mit der Beschränkung auf hundert Besucher waren streng, führten dazu, dass trotz zahlreicher Termine nicht alle Kartenwünsche berücksichtigt werden konnten, drängte Veranstalter dazu, sich weit jenseits jeder Wirtschaftlichkeit zu bewegen, aber wer in der Modellregion die zahlreichen Theaterpremieren und Konzerte genossen hat, mag sich nicht vorstellen, wie es wäre, wenn es das alles nicht gegeben hätte.
Ein Rückblick auf die großartige Zeit, in der Vorarlberg Modellregion war, erfüllt mit großer Dankbarkeit und Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern, die ungemein kreativ waren.
Als verantwortungsbewusster Steuerzahler hat man die trostlose Ödnis ab dem Lockdown-Beginn Anfang November letzten Jahres als Vorsichtsmaßnahme gegen die Verbreitung des gefährlichen Virus akzeptiert, sich aber über die Tatsache geärgert, dass die Politik immer zuerst die Einkaufszentren öffnete, bevor man sich bewusst machte, dass sich das Kulturpublikum sicher diszipliniert verhält und der Mensch zur Gesunderhaltung nicht nur etwas für sein Gedärm, sondern auch fürs Gehirn und das Gemüt braucht.
Dass Kunst und Kultur keine beschauliche Fünf-Uhr-Tee-Angelegenheit und Zutrittstests unzumutbar seien, hat man im März von Veranstalterseite aus Wien vernommen. Abgesehen davon, dass man nichts weniger braucht als zynische Zurufe, hat die Erfahrung der letzten zwei Monate gezeigt, dass das Publikum überhaupt kein Problem damit hatte, sich schon am frühen Abend mit harten Themen auseinanderzusetzen und dass das Testen bei entsprechender Infrastruktur (die es in Vorarlberg gibt) zur Gewohnheit wird. Wenn Aufführungen mehr als zwei Stunden dauern, kann es hinter der FFP2-Maske zwar etwas unangenehm werden, doch wer den Pausen-Small-Talk ohnehin als verzichtbar erachtet, den hat das Verbot der Unterbrechung nicht gestört.
Ein Rückblick auf die großartige Zeit, in der Vorarlberg Modellregion war, erfüllt mit großer Dankbarkeit und Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern, die ungemein kreativ waren und von der x-fachen Wiederholung von Konzertprogrammen für die wartenden Abonnenten bis zu Aufführungen im Freien viel in Kauf genommen haben. Es gab angstvolle Tage, wenn die Infektionszahlen in die Höhe schnellten und auch die Gewissheit, dass die Problemfelder in den privaten Bereichen und nicht in Theater- und Konzerträumen auftauchten, die Furcht vor dem verfrühten Ende des Modellversuchs nicht schmälern konnte.
Was wir jetzt – sozusagen als weitere Lehren aus der Modellregion – brauchen, sind erstens Voraussetzungen für weitere Öffnungsschritte, zu denen jeder mit verantwortungsvollem Verhalten etwas beitragen kann. Und zweitens nicht nur Förderungs- und Unterstützungsmaßnamen mit jeweils kleinen Summen für Künstlerinnen, Künstler und Kulturveranstalter, die über ein Jahr lang nur sehr eingeschränkt tätig sein durften, sondern ein Bewusstsein für die positiven Effekte inklusive der Wertschöpfung, die eine massive Investition in Kunst und Kultur nach sich ziehen.
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