Wie ein Kreuzfahrtschiff am Jannersee gelandet ist

Theaterensemble Café Fuerte begeistert und berührt mit „Auf nach Alang!“
Lauterach Letztendlich – und das ist das Schöne daran – berühren die Fantasie, die überraschenden Wendungen, der Witz sowie die gute Beobachtung der Menschen, aus der Tobias Fend schöpft, wenn er Stücke schreibt, die den sorglosen Umgang mit den Ressourcen auf unserem Planeten im Fokus haben. Nach „Pakete Pakete“, dem Werk, mit dem er das Konsumverhalten wie die prekäre Arbeitssituation jener thematisierte, die den Menschen ins Haus liefern, was kaum jemand wirklich braucht, richtet sich sein Augenmerk auf jene Art des Urlaubsvergnügens, das die Pandemie zwar eine Zeit lang ausbremste, das es nun aber zu noch günstigeren Konditionen zu haben gibt. Kreuzfahrtschiffe sind Konsumtempel, Wellnesseinrichtungen und Riesenbuffets in einem, bewusstes Reisen führen sie ad absurdum, denn letztlich wissen viele nicht mehr, bei welchem Landgang sie die sich in der Kabine stapelnden Souvenirs erstanden haben, und die inkludierten Annehmlichkeiten von der Thai-Massage bis zum frisch gepressten Orangensaft beim Frühstück sind das Um und Auf.
Mit dem Hauch einer Clowneske
Der Gefahr, mit Kulturpessimismus und Sozialkritik zu langweilen, ist sich Tobias Fend bewusst. Er stolpert nicht hinein in die Betroffenheitskitschfalle. Das dramaturgische Konzept, das er für „Auf nach Alang!“ wählt, ist gut durchdacht. Zwei Passagiere sind plötzlich allein auf einem solchen Riesenpott. Er war nur einmal kurz im Solarium, sie vertieft in ihr Buch, schon ist alles anders. Erst schäkert man noch über das Verhalten von Mitreisenden, die der Wohlstand abgestumpft hat oder die so sonderbare Züge offenbaren wie die einsame Frau mit dem Hündchen im Dekolleté, dann wird die Situation zusehends bizarr. Zum Gefühl der Freiheit und Zwanglosigkeit mengt sich die Angst, bis das Schiff wie so viele schließlich im indischen Alang landet. Dort, wo sie, obwohl oft noch gut brauchbar, von Arbeitern für Hungerlöhne zerlegt werden. Jeanne Devos und Tobias Fend spielen die beiden in der Regie von Danielle Fend-Strahm unaufgeregt mit einem wunderschönen Hauch einer Clowneske, die die Live-Musik von Nikolaus Feinig und Florian Wagner unterstreicht.
Das erzeugt Spannung und zugleich eine Kompaktheit bzw. eine Verzahnung von Klang, Wort und Bewegung, die Café Fuerte auszeichnet. Die Gruppe spielt an verschiedenen Orten – gerne auch im Freien – und hat nach der Premiere im Egger Schwimmbad mit der Einladung der Lauteracher Kulturabteilung an den Jannersee wohl das Ultimum solcher Unternehmungen erreicht. Mehr Idylle als an diesem verregneten Donnerstag, an dessen kühlem Abend sich dann doch wieder ein paar Sonnenstrahlen für Momente in den Baumkronen verfangen hatten, geht nicht. Doch schon auf dem Weg dorthin wird klar, wie groß die Bedrohung solcher Kulturlandschaften durch Wachstums- und Profitorientiertheit bzw. Baulandwidmung ist.
Nächste Aufführungen im Schwimmbad in der Riebe in Götzis, 3. Juli, 20.30 Uhr, im Schwimmbad Egg am 4. Juli und weitere: cafefuerte.at