Konsequent hoch hinaus

Kultur / 15.07.2021 • 18:36 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
An die 100 Arbeiten sind in der Ausstellung zu sehen.
An die 100 Arbeiten sind in der Ausstellung zu sehen.

Ein Atrium voller Berge, Felsen und Geröll: Vorarlberg Museum präsentiert den Tiroler Künstler Nino Malfatti.

Bregenz 23 Meter hoch ist die nutzbare Wandfläche im Atrium im Vorarlberg Museum. Für Alpinisten ist das zwar ein Klacks, doch während die Architektur allein schon beeindruckend ist, öffnet sich dem Besucher der Blick auf lauter Berge, Felsformationen, Gipfel, Gletscher, Geröll, Wiesen und Wälder, wie sie allesamt erst ab etwa tausend Metern über dem Meer anzutreffen sind.

Bergfexe oder Talbewohner des Landes, die im Unterstufengeografieunterricht gut aufgepasst haben, werden gleich einmal ein paar Vorarlberger Gipfel und Kuppen ausmachen können, ums Rätselraten geht es Nino Malfatti (geb. 1940 in Innsbruck) aber auch dann nicht, wenn er seine Arbeiten mit „Zett von En“ oder „von Es“ und „PB“ betitelt. Die Zimba oder den Piz Buin zu erkennen, ist nicht das Wesentliche, das Interesse von Malfatti der nicht nur in Wien, sondern in Karlsruhe unter anderem bei Horst Antes, dem Mitbegründer der neuen figurativen Malerei studiert hatte, der aber nie zu den neuen Wilden zählte, und zuerst konstruktivistisch arbeitete, galt stets der Form. Beruflich auch als Restaurator tätig, war er in der künstlerischen Freiheit von keinerlei Mechanismen eingeschränkt. Das Aufspüren von Strukturen und Farbschattierungen verfolgte er sein ganzes Künstlerleben mit großer Konsequenz. In dieser sah Eckhard Schneider, der einstige Direktor des Kunsthaus Bregenz, der Arbeiten von Malfatti rezensierte, die Qualität. Dem ist nichts zu entgegnen. Schon in den 1970er-Jahren war Malfatti mit Arbeiten auf der Weltkunstschau documenta in Kassel vertreten.

Die Kanisfluh

Was hyperrealistisch wirkt, basiert auf der akribischen Auseinandersetzung damit, wie natürliche Effekte im Bild zur Wirkung gebracht werden können. Ob sich im Bereich der Kanisfluh, die in einer der jüngsten Arbeiten zum großformatigen Motiv wurde, wirklich ein derart dickes, sattes Grün zeigt, diese Frage beantwortet Malfatti mit dem Verweis, sich die Gegend im Bregenzerwald einmal kurz nach einem Regen vor Augen zu führen. Er betone nur, was ihm in der Natur wichtig erscheint. An die 100 Arbeiten sind nun im Vorarlberg Museum zu sehen. Die jüngsten stammen aus den frühen 1980er-Jahren und zeigen noch Details von Felsen und Formationen, ein ganzer Zyklus entstand angesichts der Ockerfelsen bei Roussillon. Dass er das Silvrettagebiet und den Bregenzerwald erkundete, erkletterte und für die Nachwelt sozusagen mit Adleraugen festhielt, bietet ein Schauerlebnis. Jegliche Idylle bleibt weit draußen, die Vereinnahmung wie die politische Instrumentalisierung der Bergwelt sind ein heikler Bereich, in den die Arbeiten Malfattis niemals schlittern.

Zu den vielen Bezugspunkten zu Vorarlberg, die kundige Besucher bereits bei früheren Ausstellungen von Malfatti im Museum für Druckgrafik in Rankweil oder in der Galerie Arthouse in Bregenz ausmachten, zählt eine Lithografie der Kanisfluh, die der Künstler in der Druckwerkstatt von Markus Gell in limitierter Auflage schuf.

Das Atrium ist aus mehreren Stockwerken des Museums einsehbar.

Das Atrium ist aus mehreren Stockwerken des Museums einsehbar.

Museumsdirektor Andreas Rudigier mit dem Künstler Nino Malfatti im Atrium des Vorarlberg Museums in Bregenz. VN/HK
Museumsdirektor Andreas Rudigier mit dem Künstler Nino Malfatti im Atrium des Vorarlberg Museums in Bregenz. VN/HK

zur person

Nino Malfatti

Geboren 1940 in Innsbruck

Ausbildung Gewerbeschule Innsbruck, Studium Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und Karlsruhe

Werdegang Teilnahme an der documenta 6 in Kassel, Gastprofessur an der Hochschule der Künste in Berlin, zahlreiche Ausstellungen, Fassadengestaltung in Berlin-Kreuzberg

Eröffnung der Ausstellung im Vorarlberg Museum am 16. Juli, 17 Uhr. Geöffnet bis 3. Oktober, Di bis So, 10 bis 18 Uhr.