Überlegungen zum Jubiläum
Vor 75 Jahren wurden im Bregenzer Gondelhafen die damaligen ersten Festwochen eröffnet. Ein Dreivierteljahrhundert Festspiele – das ist eine reife Leistung und über viele Jahre auch eine Erfolgsgeschichte. Neben diesem großen Jubiläum kann ich ein kleines feiern: Ich besuchte vor genau 50 Jahren, 1971, erstmals die Eröffnung der Festspiele – und habe seit damals keine mehr versäumt. 1971 – Erinnerung lohnt sich: Eröffnet wurden die Festspiele im Theater am Kornmarkt, Festspielhaus gab es noch keines, am Kornmarktplatz schritt der damalige Bundespräsident, der Sozialdemokrat Franz Jonas, die Ehrenkompanie ab, bevor er die Eröffnung vornahm, Festspielpräsident war der Bregenzer Primar Albert Fuchs, Direktor der Festspiele war Ernst Bär, der für Kunst zuständige Unterrichtsminister und damit Festredner Leopold Gratz, der dem Kabinett Kreisky I angehörte. Einzige Konstante bis heute: Die Wiener Symphoniker waren schon seit Beginn unser Festspielorchester. Auf dem See wurde – vor der alten aufgeschütteten Tribüne mit den Sitzbänken aus Holz – George Gershwins „Porgy and Bess“ gegeben, mit dem sich Ernst Bär eine allerdings nur kurze Verschnaufpause in der anhaltenden Kritik an der Programmplanung des Festivals verschaffte. Im Theater am Kornmarkt wurde Donizettis „Die Regimentstochter“ gegeben. Ein Jahr später wurde die Kritik offensichtlich, indem Kulturschaffende des Landes in Konkurrenz zu den Festspielen die „Randspiele Bregenz“ begründeten. Bis zum Ende der Ära Bär dauerte es allerdings noch zehn Jahre, 1981 übernahm Günter Rhomberg die Festspielpräsidentschaft, 1983 wurde Alfred Wopmann neuer Intendant – und mit ihm begannen die neuen Festspiele, punktgenau mit Mozarts Zauberflöte in der Inszenierung von Jerome Savary.
Vergangenen Mittwoch wurden die Jubiläumsfestspiele eröffnet, gleichzeitig wurde der Umbau und Ausbau des Festspielhauses und der Seetribüne um 60 Millionen Euro vorgestellt. Solche Ausgaben für Kulturbauten sind bemerkenswert, und ich denke, dass damit auch neue Überlegungen zur künstlerischen Seite stattfinden sollten. Muss man, zum Beispiel, nicht die in die Jahre gekommene Inszenierung der Eröffnung neu überdenken, sollte man vielleicht die immer ähnlichen Abläufe der Orchesterkonzerte ändern, wäre ein neuer Schwerpunkt – und nicht nur ein Alibistück – beim Sprechtheater fällig? Und schließlich: Müsste man sich nicht außer dem Symphonikertag mehr einfallen lassen, um die Festspiele in die Stadt und zu den Menschen zu bringen? Es gäbe noch viele andere Möglichkeiten, aber irgendwo muss man wohl einmal anfangen, wenn man nicht in Stagnation verfallen will. Denn das wäre das Schlimmste für ein Festival dieser Größenordnung.
„Ein Dreivierteljahrhundert Festspiele – das ist eine reife Leistung und über viele Jahre auch eine Erfolgsgeschichte.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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