„Es ist da, aber man kann es nicht anfassen“

Kultur / 28.07.2021 • 19:59 Uhr / 5 Minuten Lesezeit

Technologie und Musik treffen in „Upload“, einer weiteren Uraufführung der Bregenzer Festspiele, aufeinander.

Bregenz Zwei Tage vor der Uraufführung der Filmoper „Upload“ treffen wir den Komponisten Michel van der Aa. Im Gespräch erklärt der Künstler, was es mit der Geschichte auf sich hat und wie er sie konzipiert hat.

Die Oper „Upload“ handelt von einem Vater und seiner Tochter. Der Vater leidet an einem Trauma und hofft, dass ein Upload von sich selbst ihn glücklicher machen wird. Seine Tochter versucht, seine Entscheidung zu verstehen, ist sich aber nicht sicher, ob das Upload die gleiche Person ist wie ihr Vater. Das Upload von ihm hat aber schließlich auch dasselbe Trauma. Nun steht die Tochter vor einer großen Entscheidung, löscht sie ihren Vater oder nicht? Das Ziel des Werks ist es, Fragen aufzuwerfen: über das Menschsein, die eigene Identität und soziale Beziehungen. „Meine Arbeit dreht sich immer um Menschen selbst, die Technologie ist Nebensache“, sagt der Regisseur und Komponist Michel van der Aa. Doch wie kommt man nun auf so eine spezielle Idee? „Ich war schon immer fasziniert von den Fähigkeiten der Technologie, auch als Kind. Ich halte mich immer auf dem Laufenden, was die Entwicklung von Technologie betrifft und lese viel darüber, vor allem über künstliche Intelligenz, damit wollte ich schon immer ein Stück machen.“ Weiters erklärt er: „Ich habe ein Buch namens ‚Life 3.0‘ von Max Tegmark gelesen, dort geht es um die künstliche Intelligenz und was wir als Menschen damit machen möchten oder wo wir der KI eben Grenzen setzen wollen. Die Entwicklung ist genau an diesem kritischen Punkt angelangt. Die Fragen, die ich mir gestellt habe, als ich von Uploading erfahren habe sind: Brauchen wir wirklich einen Körper, um ein Mensch zu sein? Sind die Uploads echt wie wir oder verliert man dabei seine eigentliche Seele? Es gibt noch viel mehr Fragen, die wir uns selbst stellen müssen, wenn es um KI geht. Wollen wir uns davor schützen oder sie einsetzen?“

Dieselben Fragen sollen sich aber auch die Zuschauer stellen. „Ich möchte, dass die Menschen die Aufführung verlassen und darüber nachdenken, ob sie selbst upgeloadet werden wollen und was die Konsequenzen davon sein könnten“, erklärt Van der Aa. „Die Menschheit will schon seit eh und je für immer leben und nie sterben müssen, aber ist das Uploaden der Weg, den wir einschlagen wollen? Das muss jeder für sich selbst entscheiden.“

Fast ein 3D-Effekt

Wie stellt man nun so ein komplexes Konzept als Oper dar? „Eine Filmoper erlaubt es mir, die Geschichte anders zu erzählen, mit Schauspielern und Dialogen, was bei einer normalen Oper nicht möglich wäre.“ Er fügt noch hinzu: „Ich bin ein recht visueller Künstler. Manche Dinge kann ich mit meiner Musik gut ausdrücken und manche besser durch Film. Wenn ich meine Stücke komponiere, denke ich immer gleich darüber nach, wie es auf der Bühne ausschauen könnte und wie die Filmelemente mit der Bühnendarstellung zusammenspielen.“ Während der Oper sieht man fünf verschiedene Leinwände, die sich bewegen und so fast einen 3D-Effekt erzeugen. „Der Vater ist auf der Bühne nur als Hologramm zu sehen. Er kann seinen Avatar also während des Singens beliebig kontrollieren. Der Charakter ist also da, aber man kann ihn nicht berühren, weil er ja nicht echt ist. So sollen sich die Zuschauer die Zukunft des Uploadens vorstellen.“

„Ich war schon immer ein großer Technologie-Fanatiker.“

Zur Person

Michel van der Aa

Geboren 1970 Oss, Niederlande

Ausbildung Toningeneur am Haager Konservatorium, Komposition bei Diderik Wagenaar und Regie an der NY Film Academy

Tätigkeit Komponist, Filmemacher und Theaterregisseur

Werke Opern „One“, „After Live“, „Sunken Garden“, „Upload”, Filmmusiken, Kammermusik, Liederzyklen etc.

Die Aufführungen von “Upload” finden am 29. und 30. Juli, jeweils 20 Uhr auf der Werkstattbühne im Bregenzer Festspielhaus statt.