Verschwitzt, aber glücklich

Kultur / 06.09.2021 • 16:35 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Musiker haben sich in der Werkwoche bestens vorbereitet. <span class="copyright">Stefanie Momo Beck</span>
Die Musiker haben sich in der Werkwoche bestens vorbereitet. Stefanie Momo Beck

Das Jugendsinfonieorchester Dornbirn begeisterte im Abschlusskonzert seiner Werkwoche.

BIZAU In der kleinen Bregenzerwälder Gemeinde hat auch Gegensätzliches nebeneinander Platz. Man muss an diesem Kilbisonntag erst den lärmenden Dorfplatz mit seiner Bierzelt-Atmosphäre überwinden, um im Gebhard-Wölfle-Saal dahinter zum Konzert des Jugendsinfonieorchesters Dornbirn zu gelangen. Dort ist es nicht mehr so laut, dafür herrschen bei über 70 Musikern auf der Bühne und vollen Besucherreihen bald ordentliche Sauna-Temperaturen. Was soll’s? Für die nach Corona wiedergewonnene Kultur kann man ruhig auch mal ein bisschen schwitzen.

Vor allem, wenn die Transpiration wie in diesem Fall sehr rasch zur Inspiration wird, die von der Bühne wie eine große Welle durch den Saal schwappt. Präsentiert wird dabei das Ergebnis einer Werkwoche, wie sie jeweils in der vorletzten Ferienwoche durchgeführt wird, wenn es den Youngsters nach den langen Ferien langweilig zu werden beginnt und sie aufnahmefähig sind für Neues. Schon seit 18 Jahren ist Bizau dafür der ideale Ort, wo man der 1981 gegründeten Truppe bis heute in jeder Hinsicht den roten Teppich ausbreitet. Das war schon zu Zeiten ihres Gründers Guntram Simma so, als die jungen Musiker noch scherzhaft „Simmaphoniker“ genannt wurden. Seit sieben Jahren hat nun der Lustenauer Ivo Warenitsch als Direktor der Dornbirner Musikschule auch bei diesem Klangkörper das Heft in der Hand, und er lässt auch diesmal keinen Zweifel an seiner Kompetenz als Dirigent und am notwendigen Durchsetzungsvermögen.

Und praxisorientiert, wie Warenitsch als ehemaliger Leiter des Musikvereins Lustenau nun einmal ist, hat er diese Werkwoche auch genutzt, um das Programm des kommenden Neujahrskonzertes unter dem Motto „Auf den Spuren der Spanier“ vorzubereiten. Es ist anspruchsvolle südländische Literatur, die die jungen Leute ordentlich fordert, aber nicht überfordert und durchaus Arbeit, Kraft und Einsatz benötigt, um gemeinsam die natürlichen Grenzen auszuloten. Warenitsch ist das Epizentrum des Ganzen, wie ein Fels in der Brandung thront er auf einem riesigen Podest und macht aus seiner Doppelfunktion als umsichtiger Dirigent und gut gelaunter Moderator eine Art One-Man-Show. Bei dieser gewaltigen Besetzung mit sehr viel weiblicher Beteiligung vor allem bei den Streichern gelingt nicht immer alles perfekt, was bei einem Jugendorchester normal ist, aber mit großem Engagement und Ernst auf einem respektablen Niveau, zu dem auch ein gut ausgewogener, satter Orchesterklang gehört. Und wenn durch Hitze und nachlassende Konzentration einmal die Intonation etwas verrutscht, ist der verdiente Konzertmeister Thomas Furrer als einziger mitwirkender Lehrer sofort um Korrektur bemüht.

Populäres Werk

Zu den Höhepunkten im strapaziösen eineinhalbstündigen pausenlosen Programm zählen eine Fast-Uraufführung des Werkes „Imogen und Posthumus“ des Posaunisten Matthias Werner, der eine Bläsergruppe als Concertino dem großen Orchester gegenüberstellt, und der mutige und sichere Soloauftritt der 17-jährigen Geigerinnen Fiona Warenitsch und Laura Purin, beide inzwischen im Musikgymnasium, im fordernden „Navarra“ von Pablo de Sarasate.

Eine Ballettsuite von Khatchaturian über ein spanisches Thema lässt die verschiedenen Register des Orchesters effektvoll erstrahlen, mit „El Camino Real“ erklingt ein populäres Werk des amerikanischen Blasorchester-Gurus Alfred Reed, das der am Konservatorium ausgebildete Posaunist Matthias Seewald geschickt und gut klingend für großes Orchester arrangiert hat. Am Schluss sind alle, Musiker und Zuhörer, verschwitzt, aber glücklich. Ein starkes Lebenszeichen! Fritz Jurmann

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