Ars Electronica und FH Vorarlberg: Die Innenstadt als Spielplatz

Kultur / 11.09.2021 • 13:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Philipp Ehmann erklärt den Studierenden der FH Vorarlberg, nach welchen Orten sie Ausschau halten sollen.  <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Philipp Ehmann erklärt den Studierenden der FH Vorarlberg, nach welchen Orten sie Ausschau halten sollen.  Stiplovsek

Mit der Ars Electronica und FH Vorarlberg werden Studierende zu Spieleentwicklern.

Dornbirn „Jeder sucht sich einen Ort, der mit Konflikten zu tun hat, und danach einen Ort für den ersten Kuss“, gibt Philipp Ehmann die Anweisungen. Dabei steht er mitten auf dem Dornbirner Markplatz und die sechs Studierenden, die sich um ihn herum versammelt haben, strömen in alle Richtungen, um passende Orte zu suchen.

Philipp Ehmann ist Theaterregisseur, Spieleentwickler und Vortragender. An diesem Nachmittag ist er im Auftrag der Ars Electronica unterwegs und entwickelt in einem Workshop mit den jungen Menschen Spiele. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Die Studierenden gehen nun mit offenen Augen durch die Innenstadt und versuchen, passende Orte zu den Aufträgen zu finden. „Als Ort für einen Konflikt fällt mir sofort der Bahnhof ein. Da prallen immer ganz viele Welten aufeinander“, erzählt Michael Giesinger. Der Hohenemser studiert Intermedia an der FH Vorarlberg und ist begeistert von diesem abwechslungsreichen Workshop. Sein Alltag wird ansonsten hauptsächlich von Fotografie und Videos bestimmt.

Cedric Fritz hält sich in Retromanier lieber an Zeichnungen. <span class="copyright">Bickel</span>
Cedric Fritz hält sich in Retromanier lieber an Zeichnungen. Bickel

Die Kirche als Portal

Als sich die Gruppe nach einiger Zeit wieder versammelt und über die diversen Orte spricht, wird als erstes die Kirche genannt. „Eine Kirche ist ein Ort, der gleichzeitig einschließend und ausschließend ist. Außerdem kann man das Gebäude auch als ein Portal in die Vergangenheit betrachten: egal ob äußerlich oder von der Einstellung her.“ Bei den Interpretationen der verschiedenen Sichtweisen wird es schnell philosophisch und die unterschiedlichen Charaktere werden durch die Wahrnehmungen sichtbar. Die Ideen werden allesamt auf einem Miro-Board, das ist eine virtuelle Plattform, gesammelt, daraus entstehen dann noch weiterführende Projekte auf der Ars Electronica. Anschließend werden mit den gefundenen Orten Spielideen entwickelt: seien es die Gewinnbedingungen, die Fähigkeiten der Spieler oder die Entscheidung, ob das Spiel kompetitiv oder kooperativ sein soll. Die Ideen sprudeln aus den Studierenden nur so heraus und innerhalb kürzester Zeit wird ein Spiel auf die Beine gestellt. Zwischendurch wird das auch immer wieder vor Ort ausprobiert, um die Schwächen und Stärken daran zu sehen, denn in der Theorie stößt man auf weniger Schwierigkeiten als in der Praxis.

Philipp Ehmann legt Wert auf den Input der jungen Menschen, auch bei seinen Theaterstücken mag er die Interaktion mit seinem Publikum und veranstaltet am liebsten immersive Theaterprojekte, das bedeutet, dass das Publikum direkt mitspielt und sich vor Ort in die Situationen hineinversetzen muss. Dabei spielt er gerne mit Extremen. „Wenn man selbst entscheiden muss, ist das viel schwieriger, als nur von außen zu beobachten.“ In seinem letzten Theaterstück, das auch in Konstanz aufgeführt wurde, versetzte man sich in die Lage einer Aktivistin.

Öffentliche Räume als Spielplätze

Der Linzer organisiert regelmäßig Spiele im öffentlichen Raum, bislang aber hauptsächlich in Wien. Er möchte deutlich machen, was es bedeutet, als Erwachsener im öffentlichen Raum zu spielen. „Wir veranstalten die Spielepartys seit 2009 und wir stoßen auf immer mehr Akzeptanz. Da es mittlerweile rund 800 Teilnehmer pro Veranstaltung gibt, müssen wir uns aber immer als Demonstration anmelden, das ist manchmal kompliziert“, erzählt er lachend.

Vorstellen kann man sich die Spiele als eine Mischung zwischen Schnitzeljagd und Escape Room. Erfunden werden sie aber immer von Ehmann und seinem play:vienna Team, wofür sie auch schon Awards gewonnen haben. Die FH Vorarlberg ist heuer zum ersten Mal Partner der Ars Electronica. 2020 hätte zwar das erste Mal sein sollen, aber aufgrund der Pandemie fand alles nur online statt. Online ist auch nach wie vor ein Thema, zu dem Workshop von Ehmann haben sich rund 20 Personen von Japan bis in die USA angemeldet, die das Geschehen anhand von Videokameras und Google Street View verfolgen konnten.

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