Es geht hier um die sexualisierte Gewalt

Nach dem großen Ausstellungsprojekt zur Geburtskultur behandelt das Frauenmuseum in Hittisau weitere brisante Themen.
Hittisau Mit Konzerten, Lesungen und letzten Führungen wird die Ausstellung „Geburtskultur“ im Frauenmuseum Hittisau am 31. Oktober beendet. Das größte Projekt dieser vergleichsweisen kleinen, aber in Österreich einzigartigen Institution kommt anschließend ins Frauenmuseum in Meran. Weitere Übernahmen erfolgen durch das Gender Museum Kharkiw in der Ukraine und das Centre de Cultura de Dones Francesca Bonnemaison in Barcelona. Damit dokumentiert das Frauenmuseum nicht nur die hervorragende Arbeit der Kuratorinnen, sondern auch die internationale Anerkennung und Vernetzung. Als Zeichen für eine zeitgemäße Geburtskultur wird der „Raum für Geburt und Sinne“ noch ein Jahr lang auf dem Areal des Museums in Hittisau verbleiben. Im Zuge der Ausstellung wurden unter anderem mit Hebammen und Architektinnen Denkprozesse bezüglich der wichtigen adäquaten Gestaltung der Umgebung für Gebärende angestoßen.

Da der Vorplatz des Frauenmuseums in Hittisau von der Gemeinde umgestaltet wird, bleibt das Haus vom November bis Jänner geschlossen. Das nächste Ausstellungsprojekt wird im Foyer der Arbeiterkammer in Feldkirch gestartet. „Die rote Linie“ behandelt die sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Die Ausrichtung ist, wie Museumsdirektorin Stephania Pitscheider Soraperra im Gespräch mit den VN erläutert, nicht auf den Opferdiskurs konzentriert, man will Hilfsangebote vermitteln, Fragen beantworten und mit Vergewaltigungsmythen aufräumen. Immer noch hätten viele die Vorstellung, dass Männer triebgesteuert sind, dass der Alkohol oder die Kleidung zu Übergriffen führe. Pitscheider Soraperra: „Schuld ist der Täter, nie das Opfer.“ Wichtig sei auch eine verantwortungsvolle Berichterstattung. Immer noch werde von „Familientragödien“ geschrieben, wenn ein Mann Gewalt ausübt bzw. Frauen und Kinder schwer verletzt oder ermordet. „Der Begriff ,Femizid‘ macht die Tat deutlicher.“ Das Gespräch mit Stephania Pitscheider Soraperra findet statt, während aus Bürs die versuchte Tötung einer Frau vermeldet wird, die in Lebensgefahr schwebt. Wieder ist einfach nur von einem „Beziehungsdrama“ die Rede. Das Thema der Ausstellung ist so aktuell wie erschütternd.
Behandelt wird auch die sexualisierte Gewalt im Netz. „Es gibt extrem viele Raptexte, die unfassbar frauenfeindlich sind. Wir möchten positive Beispiele zeigen. Es gibt Rapperinnen, die eine feministische Position einnehmen.“

Die Ausstellung wird anschließend auch in Hittisau gezeigt. Dort finden vor der Schließung Mitte November noch Aufführungen des Stücks zu Therese Zauser von Brigitte Walk statt. Die Feldkircher Theatermacherin ist mit der Biografie der Vorarlberger Tänzerin Therese Zauser (1905-1942), die im KZ-Ravensbrück ermordet wurde, im Rahmen einer Ausstellung im Frauenmuseum in Hittisau in Berührung gekommen und hat dann weiterrecherchiert. Stephania Pitscheider Soraperra: „Ich freue mich sehr, wenn wir als kleines Museum solche Impulse geben können.“ Auch auf die Illustratorin Susi Weigel hatte man einst aufmerksam gemacht. Mittlerweile fanden Ausstellungen zu ihrem Werk in Bregenz und Wien statt.
Trotzdem unterfinanziert
„Wir sind immer noch schlicht und einfach unterfinanziert“, lautet die Aussage der Museumsleiterin zum Stand der Dinge. Ein längerfristiges Projekt ermöglicht ihr weitreichende Kooperationen. In den österreichischen Kulturforen und in den Botschaften in verschiedenen Ländern werden Porträts von Frauen in Gegenwart und Geschichte gezeigt, die in Bereichen wie Umweltschutz, Gesellschaft, Ökonomie, Gerechtigkeit etc. Entscheidendes geleistet haben. An der Erstellung arbeitet das Frauenmuseum Hittisau mit.
Lesungen, Konzert, Führungen und Ritual am 31. Oktober ab 17 Uhr, im Frauenmuseum Hittisau