So fordert die Vorarlberger Künstlervereinigung das Publikum zum Mitmachen auf

Die nächsten Kandidaten für das neue Ausstellungsformat im Künstlerhaus sind fixiert.
BREGENZ Ein neues Ausstellungsformat bringt im zwei-Wochen-Takt viel frischen Wind ins Erdgeschoss des Künstlerhauses.
Weniger produktorientiert als vielmehr prozesshaft stellt die neue Reihe „… im Erdgeschoss“ Unfertiges, Verworfenes, nie Realisiertes oder einfach Projekte abseits traditioneller Präsentationen in den Fokus. Der Titel des Formats wurde bewusst neutral gewählt, er lässt alles außer dem Ort (es steht das gesamte Erdgeschoss mit Foyer und Café zur Verfügung) offen, der sich als ideale Bühne und Rahmen für Diskussionen und Austausch unter Künstlerkolleg:innen anbietet.
Material-Upcycling
Den Anfang markieren die „End of Season Sculptures“ von Roland Adlassnigg (geboren 1972). Dafür hat der in Rankweil lebende und arbeitende Bildhauer die Material- und Konzeptreste, die sich im vergangenen Jahr in seinem Atelier angehäuft haben, zu neuen skulpturalen Objekten verarbeitet. Dass bei Roland Adlassnigg einiges an Material anfällt, liegt auch daran, dass er künstlerisch nicht nur in eigener Sache tätig ist, sondern dass der Mann mit seinem „Atelier für außergewöhnliche Angelegenheiten“ auch im Auftrag anderer Künstler und Projekte arbeitet und dabei sehr gefragt ist. Sein wohl prominentester „Kunde“ dürfte Erwin Wurm sein, für den er schon fette Autos gebaut hat, aber auch Bühnenbilder für Theaterproduktionen oder besondere Ausstellungsaufbauten zählen zu seinem Repertoire. In der Ausstellung, die es dann doch wieder geworden ist, hat Roland Adlassnigg Schaumdosen, durch Einsatz auf den Knien ausgebeulte Arbeitshosen, starr vor Epoxyharz, Styroporreste, die sich wie Eisschollen oder ein Gebirge aus Baiser ausnehmen, lädierte, ausgemusterte Schuhe und einen für eine besondere Aktion perforierten Arbeitsanzug, Coladosen, eine Autotür mit der sinnigen Aufschrift „Ich bin nicht dick“, Skizzen, Lieferscheine und vieles andere mehr zu eigenwilligen Skulpturen verarbeitet.

Mit schwerem Gerät wurde gehämmert, geschweißt, geklebt, gemalt und arrangiert, von sortenrein bis kunterbunt gemixt und ge-upcycelt. Was man nun sieht sind so etwas wie die Negativformen, der übriggebliebene Rest, der „regulären“ künstlerischen Arbeit, aber nicht weniger kreativ. Im Gegenteil: Selten, so Adlassnigg, habe er mit allem, das ihm zur Verfügung steht, so frei arbeiten können. Ein bisschen Schalk sitzt dem Bildhauer doch im Nacken, wenn er indirekt, aber doch offensichtlich, die Frage nach dem Wert bzw. dem Preis von Kunst aufwirft. „End of Season“ klingt schon ein wenig nach Sale, der auf einem als Plakat wiederverwerteten Karton proklamierte Kilopreis für Kunst von 9,90 Euro mutet ketzerisch an. Dass der Künstler zu jedem Stück eine Geschichte erzählen kann, macht es charmant und ja, es darf auch ein bisschen mehr sein. Was nach dem 4.Februar übrigens noch übrig ist, geht nicht zurück ins Atelier, sondern wird entsorgt.
Wer auf Roland Adlassnig folgt
Ab dem 5. Februar geht es „… im Erdgeschoss“ mit „Overhead Diffusion“ von Severin Hagen, Pirmin Hagen, Christine Katscher und Ronja Svaneborg weiter. Mit Overhead Projektoren, die einmal für eine Ausstellung angeschafft, aber nie eingesetzt wurden, gestaltet das Quartett aus Mehrfachprojektionen, die von den Besucherinnen und Besuchern teilweise aus vorhandenen Materialien selbst verändert werden können, eine begehbare Raum- und Lichtinstallation. Diese wird sich in ihren Effekten ungleich verführerischer präsentieren, als die einfachen Projektionen, die wir vielleicht noch aus Schulzeiten im Kopf haben.
„Warum Kunst?“ fragt Ines Agostinelli ab dem 19. Februar. Ihre im Vorfeld an zahlreiche Kunst- und Kulturschaffende gerichtete Frage soll den vielen, persönlichen Gründen für die Beschäftigung, das Sammeln, Präsentieren, Vermitteln oder Fördern von Kunst nachgehen. Aus den präsentierten Statements zu Motivation und Antrieb soll ein Zeitdokument entstehen, das durch Interviews mit Kunstschaffenden und eine Podiumsdiskussion zur Eröffnung ergänzt wird. Ariane Grabher
Die Ausstellung „… im Erdgeschoss“ von Roland Adlassnigg ist im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Gallusstraße 10, Bregenz, bis zum 4. Februar geöffnet, Mi bis Sa von 14 bis 18 Uhr, sowie So von 11 bis 17 Uhr.