Andreas Schuchter erzählt, wie er zum Horn kam und was es bedeutet

Von weich bis messerscharf.
Langen Der Solohornist Andreas Schuchter (geb. 1980) studierte bei Josef Sterlinger am Landeskonservatorium Feldkirch und an der Musikhochschule Lugano bei David Johnson sowie an der Hochschule für Musik und Theater in München. Seit 2003 ist er Hornist beim Symphonieorchester Vorarlberg und besetzt hier mittlerweile die Solohornstelle. Zusätzlich spielt er beim Sinfonieorchester Liechtenstein und mit dem Naturhorn auch beim Concerto Stella Matutina, zudem war er schon bei der Camerata Salzburg, dem Symphonieorchester Zürich und dem Sinfonieorchester St. Gallen sowie in weiteren Ensembles tätig. Er lebt mit seiner Familie in Langen bei Bregenz.
Wie sind Sie zum Horn gekommen?
Als Bub wollte ich Schlagzeug lernen. Das wurde zu Hause nicht sehr begrüßt, zumal mein Vater Klarinettist bei der Harmoniemusik war. Ich begann mit Trompete und hatte genau eine Stunde Unterricht, da teilte die Harmoniemusik Tschagguns uns mit, dass sie einen jungen Hornisten brauchen. Sie haben mir auch ein neues Horn zur Verfügung gestellt. So bin ich beim Horn gelandet.
Was ist das Besondere am Klang des Horns, und wie kann man ihn beeinflussen?
Gerade beim Horn ist das Besondere einfach der Klang, weil er so obertonreich ist. Das Wichtigste ist die eigene Klangvorstellung. Technisch geht es um Lippenspannung, Luft und um die rechte Hand, mit der man den Ton formen und gestopfte Töne spielen kann. Das Horn ist das einzige Blasinstrument, das mit der linken Hand gegriffen wird. Mit dem Naturhorn konnte man nur die Obertonreihe spielen. Im 18. Jahrhundert wurde die Technik entwickelt, mit der rechten Hand den Schallbecher zu stopfen und damit die Tonhöhen zu verändern. Beim modernen Ventilhorn ab dem 19. Jh. werden die gestopften Töne als spezielle Klangfarbe eingesetzt, wie es z. B. Mahler gerne machte, von weich bis zu messerscharf.
Was sind die Herausforderungen für einen Solohornisten im Orchester?
Im ersten Horn gibt es viele schöne Solostellen zu spielen, die alle zu meistern sind. Die Horngruppe muss geführt werden, und wir stellen die Verbindung von den Holz- und Blechbläsern zu den Streichern her. Ich kann meinen Klang mit einem Fagott oder einem Cello verschmelzen lassen, jeweils mit einer anderen Klangfarbe. Die Hörner werden auch die Seele des Orchesters genannt.
Spielen Sie auch Kammermusik?
Ich habe lange bei Sonus Brass gespielt. 2019 haben wir, vier Hornisten, das „Rheingold-Quartett“ gegründet, mit dem wir auch bei der Schubertiade aufgetreten sind. Wir versuchen bei unseren Programmen auch immer wieder die Alp- und Naturhörner einzubauen und bemühen uns, Originalliteratur zu spielen. Wir lassen auch Stücke für uns schreiben oder werden selbst als Komponisten und Bearbeiter aktiv.
Haben Sie ein Vorbild als Hornist?
Den früh verstorbenen Dennis Brain, der ist bei Hornisten legendär. Er hat extrem brillant und lyrisch gespielt und zu seiner Zeit neue Maßstäbe gesetzt. Auch mein ehemaliger Professor Johannes Hinterholzer ist eines meiner größten Vorbilder. Seine Mozart-Aufnahmen sind einfach Weltklasse.
Sie haben ursprünglich eine Lehre als Zimmermann gemacht. Kommt Ihnen diese handwerkliche Ausbildung in Ihrem jetzigen Beruf zugute?
Nach meiner Lehre kam ich zur Militärmusik Vorarlberg und habe zeitgleich am Konservatorium zu studieren begonnen, als Berufsstudent. Ich war es gewohnt, morgens aufzustehen und zu arbeiten. Beim Horn sind neben dem Talent auch Fleiß und Disziplin wichtige Faktoren. Meine handwerklichen Fähigkeiten nutze ich jetzt für meinen Ausgleich und baue Möbel.
Welche Erfahrungen hat Ihnen die Corona-Zeit beschert?
Ich habe gespürt, dass für mich das Selberspielen und auf der Bühne stehen besonders wichtig ist. Daraus beziehe ich mein Feuer, und das ist auch wichtig fürs Unterrichten. Wenn man selber Freude hat, kann man die auch weitergeben, gleich, ob es sich um eine Beethoven-Symphonie handelt oder um „Alle meine Entlein“.
Im nächsten SOV-Konzert werden zwei Hornkonzerte von Mozart aufgeführt, mit dem Solisten Daniel Loipold. Was sind die Charakteristika dieser Konzerte?
Mein Lieblingskonzert ist das zweite, KV 417. Da kommt der Witz, den sich Mozart mit seinem Freund, dem Hornisten Joseph Leitgeb, erlaubt hat, toll heraus. Im dritten Satz lachen die Streicher den Hornisten sozusagen aus. Mozart hat den Hornisten auch spieltechnisch herausgefordert, z. B. mit 7-taktigen Phrasen oder plötzlichen Generalpausen. Bei KV 447 kommen die Qualitäten von Leitgeb besonders zur Geltung: Er war für sein lyrisches Spiel berühmt.
Und welche Rolle spielen die Hörner in Beethovens „Schicksalssymphonie“?
Hier sind zwar nur zwei Hörner im Orchester besetzt, aber wir werden auch das berühmte Vier-Ton-Schicksalsmotiv zitieren. Die Hörner geben viel Kraft und Energie für den Charakter dieser Symphonie, v. a. in der Revolutionsstimmung im dritten Satz.
Am Dirigentenpult wird Gérard Kosten, der langjährige frühere Chefdirigent, stehen. Was haben Sie für Erinnerungen an ihn?
Das Größte bei Gérard ist, dass er nicht nur Dirigent ist, sondern ein ganz großer Musiker unserer Zeit. Das lebendige Spiel, das Musikalische, das hat er uns schon eingetrichtert. Auch wenn Gérard nicht bei uns ist, werden seine Bemerkungen bei den Proben immer noch gerne zitiert.
Was ist für Sie das Besondere am SOV?
Dass einfach so viele nette Menschen zusammenkommen und zusammen musizieren. Es gibt keinen Dienst nach Vorschrift, es geht nur darum, Musik zu machen. Ulrike Längle
Konzerte des SOV am 26. Februar in Feldkirch und am 27. Februar in Bregenz; “Rheingold Quartett”-Jubiläumskonzert am 7. Mai mit dem Männerchor Alberschwende.
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