So aufregend anzuschauen, wie Malerei nur sein kann

Malerei zwischen Fresko und Bild von Christoph Luger im Haus 2226 in Lustenau.
LUSTENAU Noch nie, so Christoph Luger, habe er sich so lange und so genau auf eine Ausstellung vorbereitet. Wer den aus Bregenz stammenden, in Wien lebenden Maler mit seiner per se schon perfektionistischen Herangehensweise kennt, weiß, was das bedeutet. Und dennoch: Als Christoph Luger mit dem im Vorfeld gebauten Modell im Maßstab 1:20 und der akribisch geplanten Hängung, den Abstand vom Boden und den Seiten berechnet, im Haus 2226 in Lustenau eingetroffen ist, war alles anders, die Überraschung groß. Schon beim Hereintragen der Bilder in die lichtdurchfluteten Räume habe er gewusst, dass sein Plan diesmal und erstmals nicht aufgehe. So ist zwar nur ein einziges Bild an seinem ursprünglich vorgesehenen Platz geblieben, aber auch eine Ausstellung entstanden, die tatsächlich wie maßgeschneidert scheint für das Gebäude von Baumschlager Eberle Architekten.

Die großzügig dimensionierten Räumlichkeiten mit den raumhohen Ausblicken in die Umgebung lassen selbst ein sechs Meter langes Panorama leicht wirken und auch die anderen bemerkenswerten Formate haben reichlich Luft. Für diesen besonderen Ort mit dem wunderbaren Tageslicht wollte Luger keine installative Inszenierung seiner Arbeiten, sondern eine klassische Bilder-Ausstellung und hat dafür sogar seine erstaunlichen Riesenformate in Rahmen „gezähmt“. Nach wie vor entstehen die Werke, jede Woche eines, im strikten Rhythmus der Arbeitswoche von Montag bis Freitag auf der Wand auf Papier. Und nach wie vor haben die „Wandmalereien zwischen Fresko und Bild“ (Luger) mehrere Leben, abzulesen an den verschiedenen Datierungen und Signaturen des Künstlers. Jedes Bild wird zusammengerollt und später aus zeitlicher Distanz einer neuerlichen Prüfung und nochmaligen Überarbeitung unterzogen, war also schon „mehrmals fertig“. Spuren vom wiederholten Auftackern und Abnehmen, vom Verkleben und Verkleistern der Papierbahnen, abgeschabte Stellen, Brüche, Risse und Perforationen, ins Bild gekritzelte Notizen und Kommentare während des Malprozesses und Spuren der Wand prägen die Arbeiten ebenso wie Raster, Markierungen und Linien, die oft Überbleibsel von Skizzen oder kleinen Zeichnungen sind.
Zügige Farbmanöver
Vieles fließt (oft unbewusst) mit ein, das Rot einer antiken Malerei aus einem Buch, das Grün der umgebenden Landschaft von einem Malereisymposion im kärntnerischen Suetschach, Lichtstimmungen, in der Natur Geschautes und vieles mehr, das der Künstler im Alltag wahrnimmt, erlebt oder entdeckt. Der eigentliche Malvorgang erfolgt nach dem Aufspannen des Papiers auf die noch feuchte Wand und dem Auftragen eines Kreidegrunds zügig, mit raschen Pinselstrichen in mehreren Schichten und lasierender, wässriger Leimfarbe und verselbständigt sich irgendwann so sehr, dass Christoph Luger danach nicht mehr genau sagen kann, wie jetzt das pastellig-matte Orange ins Bild gekommen ist oder sich jene Form, die an das Innenleben eines Briefumschlags erinnert, eingeschlichen hat. Was in den groben und schnellen Farbmanövern, zwischen Ritual und Notwendigkeit, entsteht, ruft Assoziationen an Landschaften und Porträts hervor, ist aber so eigenständig und eigenwillig, so aufregend anzuschauen, wie Malerei nur sein kann. Ariane Grabher
Zur Person
Christoph Luger
Geboren: 1957 in Bregenz
Ausbildung: Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Max Melcher und Josef Mikl
Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen
Auszeichnungen: Otto-Mauer-Preis; Arbeitsstipendien in Rom, Krumau, Ningbo (China) und Istanbul
Wohnort: Wien
Die Ausstellung ist im Haus 2226, Millenium Park 20, Lustenau, bis September 2022 zu sehen, geöffnet Mo bis Fr während der Bürozeiten.
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