Junge Leute ermöglichten eine musikalische Begegnung der besonderen Art

Camerata Musica Reno glänzte erneut mit Musikvermittlung, Musikerinnen- und Musikerförderung und einem tollen Programm.
Bregenz Zuerst Igor Strawinsky mit der „Geschichte vom Soldaten“, dann Richard Strauss mit der Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ und der aufschlussreichen Erzählung von einem Treffen des Komponisten mit dem Schriftsteller Stefan Zweig und nun Paul Hindemith: Dass Tobias Grabher mit dem Orchester Camerata Musica Reno erst einmal die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts umfasst, ist nicht nur ablesbar, es macht dramaturgisch Sinn. Der erst 24 Jahre alte Dirigent aus Vorarlberg, der mit seinem Kammerorchester die besten jungen Instrumentalisten in der Region bündelt, betreibt auch Musikvermittlung auf besondere Art. Es ist also nicht neue Musik, sondern es sind die Klassiker der Moderne, denen er sich verschrieben hat.

Mit etwas Hintergrundwissen und angesichts der Texte, die von Augustin Jagg rezitiert wurden, wurde erneut deutlich, dass es im Konzertangebot diesbezüglich Nachholbedarf gibt. Die Einschnitte in der Nazizeit, in der auch das Werk Hindemiths als „entartet“ diffamiert wurde, sowie die Behäbigkeit in den 1950er- und 1960er-Jahren waren so weitreichend, dass dies im deutschsprachigen Raum bis heute noch spürbar ist.
Ein Klangästhet
Mit der Kammermusik Nr 1, op 24 aus dem Jahr 1922, den „Drei Anekdoten für Radio“ aus dem Jahr 1925 sowie dem sogenannten „Schwanendreher“ für Viola und kleines Orchester (1935) wählte Grabher Werke, die einerseits einen guten Einblick ins Schaffen gewähren, die andererseits aber seinem Ensemble mit besonders brillanten Holzbläsern gute Möglichkeiten bieten. Dass sich Künstler einander auch bei respektvollem Umgang nichts schenkten, dass die Politik aber viel behinderte, hat Augustin Jagg mit Passagen aus Zeitungsartikeln, Briefen und Reden verdeutlicht. Paul Hindemith (1895-1963) zählt zu jenen deutschen Komponisten, die als Vertriebene im Ausland reüssieren konnten, obwohl sie nicht zur Avantgarde zu zählen waren. Er verstand es, aus dem überreichen Fundus zu schöpfen ohne Eklektizist zu sein, gerade Grabhers Auswahl betont seine mannigfaltige Auseinandersetzung mit dem Jazz, und in der Rhythmik bleibt er nach wie vor herausfordernd. Der Dirigent arbeitet so präzise wie es zu erwarten war und er erweist sich als bereits erfahrener Klangästhet, der alles daransetzt, um dem Publikum auch die Schönheit dieser Musik zu vermitteln.

Solobratschist Fridolin Schöbi bewältigte die Aufgabe, den „Schwanendreher“ derart akkurat wie im besten Sinne musikantisch zu interpretieren, dass man dieses Instrument nach dieser Begegnung nicht mehr nur unweigerlich mit dem älteren Janacek verbindet, sondern sofort auch mit Hindemith.




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