Besuch bei Schellhorns
Haben sie das auch schon erlebt? Sie wachen am Morgen auf, sind wie gerädert, haben das Gefühl, kaum geschlafen, sondern die Nacht durchgearbeitet zu haben – und sind trotz allem fröhlich, nicht müde, glücklich geradezu. Mir ist das vor Kurzem so ergangen und ich habe mich gefragt, wie das sein kann. Damit bin ich bei der Vorgeschichte.
Vor Kurzem waren wir in Salzburg im Pongau, genauer in Goldegg, im „Seehof“. Es ist ein seit Generationen von der Familie Schellhorn geführtes altes Gasthaus, das – ohne den alten Charme zu verlieren – den Zeiten angepasst wurde. Goldegg ist nicht zuletzt durch die „Goldegger Dialoge“, die seit Jahrzehnten in diesem kleinen Ort abgehalten werden, bekannt geworden. Heuer finden sie im Juli statt, bekanntester Teilnehmer ist der Schriftsteller Fritjof Capra, der vor 40 Jahren seinen Beststeller „Wendezeit“ schrieb. Berühmt ist Goldegg aber nicht nur durch diese Gespräche, vor allem bekannt ist der Ort durch den „Seehof“, der seit vielen Jahren ein internationales Publikum, das die Verbindung von Kultur und besonderem Essen schätzt, anzieht. Das ganze Haus wird bestimmt von den tausenden Büchern in den Regalen und den Bildern und Skulpturen internationaler Künstler in den Räumen, auch in den Zimmern. Jedes Buch – auch etwa die Gesamtausgabe von Thomas Mann, für deren Lektüre man allerdings einige Wochen verweilen muss – kann mit aufs Zimmer genommen werden. Bei den Künstlern findet man fast alle, die in Österreich zu den Großen gehören, Maria Lassnig ebenso wie Hermann Nitsch. Vor allem aber wird man mit einem Essen verwöhnt, das der anderen Kunst in nichts nachsteht. Und es gibt auch „Schellhorns Generationen Kochbuch“, eine Sammlung von Rezepten des Hausherrn Sepp Schellhorn (der sich auch als ehemaliger Abgeordneter der Neos einen Namen gemacht hat), seiner Mutter Karola, die den Ruf des Gasthofes begründet hat und seines Sohnes Felix, der um die Welt gereist ist und die Internationalität einbringt.
„Das Buch ist voll von Geschichten aus der Küche, vom Zusammenarbeiten von Mutter, Sohn und Enkel, von Dingen, die man alle auch selber probieren will.“
Das Buch ist voll von Geschichten aus der Küche, vom Zusammenarbeiten von Mutter, Sohn und Enkel, von Dingen, die man alle auch selber probieren will. So gings mir im Traum: Ich war mit den Schellhorns in der Küche, durfte mitarbeiten, auf die Finger schauen, servieren. Eine ganze Nacht lang. Wenn ich aufwachte, wollte ich gleich zurück in die Traumküche und arbeitete weiter an den feinsten Dingen, die ich mich sonst kaum zu essen traute. Doch irgendwann war die Nacht zu Ende, ich legte mein Arbeitsgerät zurück und erwachte. Todmüde von der Arbeit – und doch glücklich, im „Seehof“ mit dabei gewesen zu sein. Allerdings: Im normalen Leben koche ich das nicht nach, das würde scheitern.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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