Wo Weltliteratur auf kleinster Bühne an Format gewinnen kann

Kultur / 27.05.2022 • 22:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Robert Kahr und Wolfgang Pevestorf in "Don Quijote" in Dornbirn. <span class="copyright">Stark</span>
Robert Kahr und Wolfgang Pevestorf in "Don Quijote" in Dornbirn. Stark

“Don Quijote” nach Miguel Cervantes im Theater Wagabunt.

Dornbirn Der Wert dieser “Don Quijote”-Produktion, die im kleinen Theater Wagabunt nun mit Stephan Kasimir, dem bekannten Vorarlberger Regisseur und Leiter des Unpop-Theaters, realisiert wurde, lässt sich pragmatisch erläutern.

So gut wie jeder weiß vom Roman “Don Quijote von der Mancha” von Miguel de Cervantes, der 1605 bzw. 1615 (zweiter Teil) erschienen ist, kann mit dem Kampf gegen Windmühlen etwas anfangen. Doch abgesehen von schulischen oder beruflichen Gründen, sind nicht viele zum Durchlesen des recht umfangreichen Werks motiviert. Eine übersichtliche Zusammenfassung kann da hilfreich sein oder eine Bühnenadaptierung, die sich nicht in philosophischen Ausdeutungen verstrickt, sondern auf das Wesentliche konzentriert. Mit ein paar subjektiven Vermerken oder Ausschmückungen, versteht sich.

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Das Team Robert Kahr und Wolfgang Pevestorf (die Schauspieler, die seit Jahren für die Off-Bühne stehen), der erwähnte Stephan Kasimir und die Ausstatterin Caro Stark bieten nun das – und einiges mehr. Während jene Besucher, die noch nicht so oft Kontakt mit Wagabunt aufgenommen haben, eine einfache Umsetzung des zum Bildungskanon zählenden Klassikers mit Aussagekraft verfolgen, festigt sich für die seit Jahren laufenden Beobachter der Eindruck, dass die Stückwahl nach einigen Beckett-Produktionen nicht besser sein könnte. Die Auseinandersetzungen, die sich der in die Figur eines Ritters fantasierende Don Quijote mit seinem ergebenen, aber witzig und geistreichen Knappen bietet, haben in Robert Kahr (Don Quijote) und Wolfgang Pevestorf (Sancho Pansa) eine Idealbesetzung gefunden.

Doppelbödigkeit

Caro Stark hat den beiden eine Art Karussell als zentrales Podium gebaut. Dort drehen sie sich auf dem bunten Pferdchen und dem Esel zwar nur im Kreis, vermitteln aber nicht nur die Bedeutung des Homo ludens, nämlich, dass der Mensch seine kulturellen Fähigkeiten vor allem über das Spiel entwickelt, sondern auch, dass ihnen bei aller Verrücktheit ein anarchischer Geist innewohnt. So kann auch die Doppelbödigkeit der Geschichte greifbar werden. Miguel de Cervantes kritisierte die Darstellung des Tugendhaften in den damals so beliebten Ritterromanen, unterstreicht aber zugleich den Wert einzelner Tugenden.

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So agieren nun Kahr und Pevestorf in witziger Ausstattung (mit ein paar optischen wie akustischen Anarcho-Elementen) und erzählen in rhythmisch gut akzentuierten, herausfordernd langen Monologen, in kurzen Dialogsequenzen und mit Hilfe eines Transistorradios (was für eine gute Idee!) von ihren Abenteuern, die erkennen lassen, dass die Fantasie als bewährtes Rüstzeug die Realität nicht einfach ausblendet, sondern ertragbar macht und im Kampf gegen Unbillen stärkt.

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Weitere Aufführung von “Don Quijote” am 28. Mai, 20 Uhr und am 29. Mai 17 Uhr im Theater Wagabunt, TiK, alte Stadthalle, in Dornbirn. Weitere Termine in Planung.

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