Fragwürdiges im Bregenzer Kulturamt betrifft die Zeit vor Judith Reichart

Kultur / 18.06.2022 • 06:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Kosten für die Schau „Global Shift“ (Bild: Präsentation mit Stadtrat Rauth, Alt-Bürgermeister Linhart, der ehemaligen Kulturamtsleiterin Dieing und einem Ars-Electronica-Vertreter) liegen bei 200.000 Euro. Das ist aber noch nicht alles.  <span class="copyright">VN/KH</span>
Die Kosten für die Schau „Global Shift“ (Bild: Präsentation mit Stadtrat Rauth, Alt-Bürgermeister Linhart, der ehemaligen Kulturamtsleiterin Dieing und einem Ars-Electronica-Vertreter) liegen bei 200.000 Euro. Das ist aber noch nicht alles.  VN/KH

Die Ausstellung “Global Shift” hat nahezu 200.000 Euro gekostet. Bei einigen Details gibt es dringenden Erklärungsbedarf.

Bregenz Immer wieder tauchte in den letzten Monaten unter Kulturschaffenden die Bemerkung auf, dass die Stadt Bregenz rund 35.000 Euro allein für einige Touchscreensensoren in der Ausstellung „Global Shift“ aufgewendet hat, die gar nicht in der Stadt verblieben, sondern wieder zurück an die Ars Electronica in Linz gingen. Eine Anfrage der VN in der Finanzabteilung der Landeshauptstadt bestätigt die Thematik. Das in Kooperation mit der Ars Electronica realisierte und im September 2020 eröffnete Projekt im Magazin 4 hat 197.560 Euro gekostet. Darin enthalten sind die Kosten für zusätzliche Adaptierungen in der Höhe von 35.280 Euro. 

Das ist sehr viel, wenn man bedenkt, dass das gesamte Jahresbudget für das Magazin 4, den Ausstellungsraum in der Bregenzer Bergmannstraße, etwa 120.000 bis 130.000 Euro beträgt und angesichts der Pandemie nicht mit Besuchermassen gerechnet werden konnte. „Global Shift“ war eine auf naturkundliche und ökonomische Faktoren fokussierte Ausstellung, deren Inhalt sich vorwiegend an Schülerinnen und Schüler der Oberstufen richtete, deren Bewegungsradius im ersten Pandemiejahr allerdings behördlich eingeschränkt wurde. Ein Ausstellungsbesuch trotz Homeschooling und abgesagten Exkursionen? Eher schwierig. Es ist zwar nicht außergewöhnlich, wenn für ein größeres Projekt das Jahresbudget im Hinblick auf Sparmaßnahmen in den Folgemonaten überzogen wird, aber die Dimensionen lassen auch abgesehen von diesen Zusammenhängen aufhorchen. Die politischen Gremien dürfte das Projekt der ehemaligen Kulturamtsleiterin Jutta Dieing jedenfalls durchwandert haben, der von der ÖVP dominierte Stadtrat in der damals noch von Markus Linhart, einem ÖVP-Bürgermeister, regierten Stadt dürfte seine Zustimmung gegeben haben.

Es wäre noch teurer geworden

Laut aktueller Auskunft von der Stadt wäre das Projekt „Global Shift“ sogar noch teurer geworden. Die Kosten für die geplante Verlängerung der Schau im Jahr 2021 hätten zusätzlich 41.760 Euro betragen. Damit wäre man auf Gesamtkosten von knapp 240.000 Euro gekommen. Um einen Vergleich anzustellen: Sommerausstellungen im weitaus geräumigeren Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis sind mit etwa einem Drittel dieser Summe zu bewerkstelligen. Judith Reichart, die nach Jutta Dieing das Kulturamt leitet (unter SPÖ-Bürgermeister Michael Ritsch wurde es in Kulturservice umbenannt und mit Reichart besetzt), hatte somit im ersten Jahr Altlasten aus dem „Global Shift“-Abenteuer zu tragen und die teure Verlängerung storniert.

Gelenkter Prüfungsausschuss?

Wenn der paritätisch besetzte Prüfungsausschuss der Landeshauptstadt nun bereits monatelang die Gebarung des Kulturservice sichtet, um Unregelmäßigkeiten unter der Leitung von Judith Reichart zu finden, stellt sich die Frage, ob dieses Gremium die von ÖVP-Stadtrat Michael Rauth genehmigte Causa „Global Shift“ umgehen kann. Es hat jedenfalls den Anschein, dass dieser Prüfungsausschuss politisch gelenkt ist. Die Vorgeschichte ist bekannt: Vertreter der politischen Opposition im Rathaus (ÖVP, Grüne, Neos plus) hatten Vorwürfe gegen Judith Reichart erhoben, die das Landeskriminalamt nach eingehender Prüfung allesamt für unhaltbar erklärt hat. Der Prüfungsausschuss untersucht weiter. Die Endfassung mit eingearbeiteten Argumenten der Kulturservice-Leiterin steht noch aus.

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