Wo das Motto „Net lugg lo“ für einen Künstler gilt

Kultur / 18.06.2022 • 09:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Fast autark im Kunstbetrieb, nimmt Franz Türtscher innerhalb der österreichischen Kunstszene eine Sonderposition ein. <span class="copyright">AG</span>
Fast autark im Kunstbetrieb, nimmt Franz Türtscher innerhalb der österreichischen Kunstszene eine Sonderposition ein. AG

Franz Türtscher präsentiert neue Arbeiten in der Galerie Maximilian Hutz.

HARD Franz Türtscher gehört definitiv nicht zu den Vielausstellern. Der in Wien lebende und arbeitende Vorarlberger Maler und Konzeptkünstler hat sich in den Galerien und Ausstellungshäusern, zumal im Land, in den letzten Jahren eher rar gemacht. Untätig war er deswegen in der Zwischenzeit keineswegs. Im Gegenteil. Neben Kunst-und-Bau-Projekten hat der Künstler sein Schaffen schlüssig weiterbetrieben und -entwickelt, wie seine aktuelle Ausstellung in der Harder Galerie Maximilian Hutz, die neben jüngsten Arbeiten auch Werke aus den vergangenen Jahren versammelt, formvollendet und sehr puristisch demonstriert. Denn der helle, hohe, hallenartige Raum und die reduzierte Klarheit der Architektur in Hard stehen den von scheinbar kühlem Kalkül getragenen Arbeiten von Franz Türtscher gut an und bringen sie förmlich zum Strahlen.

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Ausstellung in der Galerie Maximilian Hutz in Hard. AG

Fast autark im Kunstbetrieb, nimmt Franz Türtscher innerhalb der österreichischen Kunstszene eine Sonderposition ein. Denn obschon er sich seit vielen Jahren mit großer Konsequenz und Kontinuität an den Stilelementen der konkreten Kunst abarbeitet, definiert er sich doch nicht als „Konkreter“ im klassischen Sinn. Türtschers Kernkompetenz ist die Malerei, innerhalb dieses Mediums ist er maßgeblich befasst mit der Schaffung expansiver Bildräume. Basierend auf Rhythmisierung und Farben setzt sein Vokabular ein bei Linien, horizontalen und vertikalen Elementen sowie kontrastierendem Schwarz-Weiß und reicht bis zu mannigfaltigen Rasterstrukturen und Gittern, geometrischen Formen, komplexen Farbkompositionen und -gliederungen. Türtschers Werk bewegt sich in den Kategorien Chaos und Ordnung, Horizont und Schwerkraft, Auflösung und Verdichtung, findet das Kleine im Großen und versteht und behandelt Farbe als autonome Qualität.

Das Herzstück der Ausstellung bildet eine Wandinstallation, die Arbeiten gleicher Formate aus unterschiedlichen Werkgruppen und Schaffensjahren vereint. Erstmals in dieser Form präsentiert, versteht der Künstler die Installation als eine Art Pinwand, wo sich die unterschiedlichen Bildtypen aneinander reiben. Nah genug, dass alles miteinander im Dialog steht und als großes Ganzes im Verbund gelesen werden kann, weit genug, dass jedes einzelne Bild für sich alleine steht und funktionieren kann. Streng rasterartig und rechtwinklig angeordnet, würden eigentlich 3×9 Werke Platz finden, doch die Reihen sind immer wieder von Leerstellen unterbrochen, respektive von Aussparungen besetzt. Mit diesen Öffnungen im System tönt Franz Türtscher ein Prinzip an, das in seinem Schaffen von grundlegender Bedeutung ist, für ihn aber auch die Lebenswirklichkeit prägt: Das Fragmentarische, scheinbar nicht Fertiggestellte, verweist auf die Prozesshaftigkeit, auf die Dinge im Lauf. Ähnlich funktionieren für den Künstler auch die Arbeiten der Reihe „Bildarchitektur – Offener Rahmen“, wo die Bildtafeln modulartig, wie vorläufig, als eine von vielen Varianten in einen Metallrahmen eingestellt sind, jederzeit ergänz- und erneuerbar.

“Net lugg lo”

Neben den bekannten Werkgruppen der Rasterbilder, den ins Unendliche fortführbaren vertikalen Farbstreifenreihen aus der Serie „Kontraste Farbensehen“ oder den angeschnittenen geometrischen Formen der „Farb-Hierarchien“, präsentiert Türtscher in Hard auch neue Schriftbilder. Vier Tafeln zu einem Würfelobjekt zusammengefügt oder auch als Einzelarbeiten, zählen für den Maler Typografie und Inhalt gleichermaßen. Neben scheinbar harmlosen Bemerkungen im Dialekt zum Wetter („As neablat und luftat“), kann Schwarz auf Weiß auch durchaus Tiefgründiges, Philosophisches wie „Kunst motiviert“ entziffert werden bis hin zum Lebensmotto „Net lugg lo“ – für Türtscher das beste Rezept überhaupt, um das Leben (und die Kunst) zu bestreiten. Ariane Grabher

Geöffnet in der Galerie Maximilian Hutz, In der Wirke 4, Hard, bis 30. Juli, Do und Fr von 16 bis 18 Uhr, Sa von 10 bis 12 Uhr.

Franz Türtscher

Geboren 1953 in Dornbirn

Ausbildung Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber

Laufbahn zahlreiche internationale Ausstellungen sowie Arbeiten im öffentlichen Raum (Seilbahnen in Lech, Raster-Bodenzeichnung für den Spielboden Dornbirn

Wohnort Wien

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