Theater Kosmos: Zwei Vorarlberger zeigen eines ihrer Meisterstücke

Kultur / 24.06.2022 • 15:05 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
"Kalkwerk" stieß im Theater Kosmos auf enorme Zustimmung. <span class="copyright">Thomas Aurin</span>
"Kalkwerk" stieß im Theater Kosmos auf enorme Zustimmung. Thomas Aurin

Ramallah Aubrecht und Philipp Preuss mit “Kalkwerk” nach dem Roman von Thomas Bernhard im Theater Kosmos.

Bregenz Soweit erinnerlich, war der Start der Produktion „Das Kalkwerk“ von Philipp Preuss und Ramallah Aubrecht keineswegs furios. Die Premiere bzw. Uraufführung im September 2014 auf einem kleineren Podium der großen Berliner Schaubühne hat trotz des Jubels für den Darsteller einige vor den Kopf gestoßen, gingen der Regisseur und die Bühnenbildnerin, beide stammen aus Bregenz und hatten damals mit Engagements in Berlin, Frankfurt und Leipzig bereits einen beachtlichen Karriereweg beschritten, doch recht frei mit der 1970 erschienenen Romanvorlage von Thomas Bernhard (1931-1989) um.

So war es ein Stück, über dessen Erfolg und Laufzeit das Publikum entschied, das sich mit der Umsetzung durch den Schauspieler Felix Römer derart anfreundete, dass die Schaubühne wenige Jahre später bereits die hundertste Aufführung ankündigte.

Felix Römer in "Kalkwerk". <span class="copyright">Thomas Aurin</span>
Felix Römer in "Kalkwerk". Thomas Aurin

Dass das Theater Kosmos nun kurzfristig eine Neuproduktion der Berliner Fassung von „Das Kalkwerk“ ins Programm nahm, ist ihm hoch anzurechnen. Das Auditorium bekundete Begeisterung. Die Frage, wie viel Witz die hier im Besonderen geistvoll aufgeladene Bernhard’sche Suada verträgt und wie viel direkte Ansprache an das Publikum ohne Substanzverlust möglich ist, wird obsolet.

In der Version, die Philipp Preuss mit Felix Römer erarbeitet hat, bleibt die enorme Sogwirkung, die sich hier in einem Hörstudio oder gar einer Gummizelle einstellt, in der Römer agiert, frei von Banalitäten, wird eine typische Bernhard-Figur in vielen Momenten greifbar und bleibt doch Kunstfigur. Betroffenheit auszulösen, in diese Klischeefalle tappt hier niemand, schon gar nicht, wenn Ramallah Aubrecht in den Videoprojektionen mit Motiven aus den Werken von Francis Bacon hantiert, einem Maler, dessen Name konkret fällt. Das ist ungemein fein gearbeitet und ich hätte angesichts der Premiere in Berlin nicht darauf gewettet, dass in dieser Neuproduktion der ursprünglichen Fassung die Balance gehalten werden kann, wenn Römer mit „los amol zua“ auf einzelne Zuschauer zugeht und Worte repetieren lässt.

Am Freitagabend findet eine weitere Aufführung von "Kalkwerk" statt. <span class="copyright">Thomas Aurin</span>
Am Freitagabend findet eine weitere Aufführung von "Kalkwerk" statt. Thomas Aurin

So verfährt er mit seiner Frau, die er mit seinen Hörstudien malträtiert, für die er sich in ein Kalkwerk zurückgezogen hat, wo er an den eigenen hohen Ansprüchen scheitert. Der Mord wird in der Bühnenversion nur gestreift, hier wird Konrad (abwechselnd in Männer- und Frauenkleidern) Opfer und Täter, um sich schließlich in Anlehnung an den Wiener Aktionismus in Mehl, Eiern und Bröseln zu wälzen. Auch das geht gut, weil es derart gespielt quasi auf Augenhöhe mit Bernhards Sprache bleibt.

Weitere Aufführung am 24. Juni, 20 Uhr, im Theater Kosmos in Bregenz: theaterkosmos.at

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