So glanzvoll war der Auftritt des Vorarlberger Barockensembles in St. Moritz

Kultur / 29.06.2022 • 19:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Concerto Stella Matutina mit dem Ensemble Vocal Origen unter Clau Scherrer in der Reithalle in St. Moritz. <span class="copyright">Kuyler</span>
Concerto Stella Matutina mit dem Ensemble Vocal Origen unter Clau Scherrer in der Reithalle in St. Moritz. Kuyler

Prachtvoller Gesamtklang, fein ausgearbeitete Details.

St. Moritz, Götzis Concerto Stella Matutina ist auch im Ausland ein gefragter Gast: Nach der umjubelten h-Moll-Messe in Regensburg im Mai eröffnete das Vorarlberger Barockorchester das Graubündner Kulturfestival Origen mit Händels Oratorium „Solomon“ in St. Moritz. Partner waren der Dirigent Clau Scherrer mit seinem exzellenten Ensemble Vocal Origen, das schon öfter bei Konzerten des CSM in Vorarlberg mitgewirkt hat.

Gemäß dem Motto des heurigen Festivals „Räume“ fanden die Konzerte an einem besonderen Ort statt: in der Alten Reithalle, einem über hundertjährigen, architektonisch reizvollen Holzbau mit sehr guter Akustik, dessen Säulen aus rindenüberzogenen Baumstämmen noch dazu entfernt an die Zedern des Libanon erinnerten. In seiner rätoromanisch-italienisch-deutschen Begrüßung erwähnte Festivalintendant Giovanni Netzer denn auch, dass der biblische König Salomo ein großer Bauherr war und ein Friedensfürst, also ein Gegenbild zur derzeitigen weltpolitischen Situation.

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„Solomon“ ist ein undramatisches Oratorium, das den weisen König preist und Bilder aus seinem Leben aneinanderreiht: die Liebe zu seiner Lieblingsfrau (einer Pharaonentochter), das Urteil mit dem Kind, um das zwei Mütter streiten, und den Staatsbesuch der Königin von Saba. Schon bei der Ouverture und durch die gesamte Aufführung bestachen die Streicher mit Konzertmeister David Drabek durch homogenen Klang, plastische Artikulation und spritzigen Duktus in den schnellen Partien, obwohl sie nicht üppig besetzt waren. Im doppelchörig gesetzten Eingangschor kamen die Qualitäten von Vocal Origen gleich voll zum Glänzen: prachtvoller Gesamtklang und fein ausgearbeitete Details in den einzelnen Stimmen.

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Der Schweizer Countertenor Jan Börner, kurzfristig als Sänger des Salomo eingesprungen und als einziger Solist nicht auch Teil des Chors, verlieh seiner Rolle mit klangvollem, schön geführtem Organ königliche Würde. Nur in den Liebesszenen hätte man sich mehr Leidenschaft gewünscht. Sybille Diethelm war eine liebliche Königin mit brillanten Koloraturen, Anna Gschwendt überzeugte mit ihrem leuchtenden Sopran und im Auftreten als majestätische Königin von Saba. Bei den kleineren Rollen ließen die Bässe Nikolaus Fluck und Kevin Gagnon und der Tenor Nino Gmünder aufhorchen. Etwas verwirrend die Situation bei den beiden Weibern: Statt Felicitas Erb, die das Lamento der wahren Mutter überzeugend sang, trat im abschließenden Duett mit Salomo gegen das Libretto die kernige Lena Kiepenheuer an ihre Stelle, die Sängerin der falschen Mutter.

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Die Bläser setzt Händel sparsam, aber umso wirkungsvoller ein, etwa in dem berückenden Schlusschor des 1. Aktes, als Streichergemurmel und zwei exzellent geblasene Flöten den Gesang von Nachtigallen imitieren, oder im prächtigen Schlusschor des 2. Aktes, als endlich Trompeten, Hörner und Pauken zum Einsatz kommen. Ein besonderes Gustostück war der bekannte Einzug der Königin von Saba, den die Streicher flott und federnd feierten. Sehr differenziert die Behandlung des Continuos, bei dem abwechselnd Cembalo und Orgel, ergänzt durch eine Laute, zum Einsatz kamen, mit großer Lebendigkeit von Johannes Hämmerle und Thor-Harald Johnsen gespielt. Clau Scherrer dirigierte souverän, in einem großen organischen Bogen, und ließ keine Wünsche offen. Das Publikum dankte mit standing ovations für diesen schönen und bewegenden Blick in ein Goldenes Zeitalter. Ulrike Längle

Nächste Auftritte des Concerto Stella Matutina am 13. August beim Musikfest Goslar; 17. und 18. September in Schaan und Altstätten mit Werken von Händel.       

 

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