Wie drei Schauspielerinnen einen Autor retten

Kultur / 01.07.2022 • 15:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Maria Strauss, Laura Dittmann und Kaija Ledergerber in „Immer wenn ich falle: Klippenspringerin“ von Raoul Eisele. <span class="copyright">mandy Hanke</span>
Maria Strauss, Laura Dittmann und Kaija Ledergerber in „Immer wenn ich falle: Klippenspringerin“ von Raoul Eisele. mandy Hanke

Die letzte Uraufführung der Saison im Kosmodrom des Theaters Kosmos ist in mehrfacher Hinsicht eine Begegnung wert.

Bregenz Hoppla, noch eine Uraufführung und das auch noch knapp vor Saisonschluss. Das Bregenzer Theater Kosmos hat sich schon vor Jahren als Podium für neue Texte etabliert. Dass nun mit „Immer wenn ich falle: Klippenspringerin“ ein kurzes Drama von Raoul Eisele auf der Bühne umgesetzt wird, geht auf den Stückewettbewerb des Jahres 2020 zurück.

Damals sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein paar Jahrzehnte vorausblicken und entwarfen – wie könnte es anders sein – zahlreiche Dystopien. Besonders die Arbeitswelt und soziale Konflikte rückten in den Fokus. Die Kommunikation auch mit Autorinnen und Autoren zu suchen, deren Texte die Jury nicht einhellig prämierte, spricht für das Unternehmen von Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig sowie Kosmodromleiter Stephan Kasimir. So geht Nachwuchsförderung, so sieht Engagement aus. Der Österreicher Raoul Eisele (geb. 1991) ist als Lyriker („morgen glätten wir träume“) und Hörspielautor („innerlich treiben wir es // wesentlich bunter“) bekannt geworden. Letzteres lässt auch “Immer wenn ich falle: Klippenspringerin” erkennen.

<span class="copyright">Mandy Hanke</span>
Mandy Hanke

Durch die Erzählungen mit ihren abgebrochenen Sätzen (“erinnerst du dich an eine Zeit, die den Beginn der Isolation, den Beginn einer neuen Stunde … damals rechneten wir nur noch in Sonntagen, rechneten nur noch in leeren Straßen, Gassen …”) scheint die erste Erfahrung mit der Pandemie durch. Von in den Häfen festsitzenden Schiffen, von Isolation ist die Rede, einmal auch von Prypjat, der nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl verlassenen Stadt. Dort gab es auch ein großes Schwimmbad, das im Stück zum Synonym für unerfüllte Wünsche oder verpasste Gelegenheiten wird. Raoul Eisele hat Glück, was rasch zum Lamento werden könnte, fangen die drei Schauspielerinnen Laura Dittmann, Kaija Ledergerber und Maria Strauss auf und verleihen ihm durch ihr Sprachtempo und eine Bewegungschoreografie unwillkürlich Leichtigkeit. So kristallisieren sich berührende Stellen in Erinnerungen an frühere Begegnungen sowie eine erwachende Neugier heraus.

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Mandy Hanke

Es gibt also Hoffnung. Auch für den Text, den man nicht unbedingt nur mit Gewinn liest (“meine Seele eine Wildnis, mein Verstand ein Dschungel, meine Vergangenheit, die hängenden Gärten Semiramis …”), aus dem Michaela Vogel in ihrer ersten Regiearbeit mit gutem Gespür aber alles extrahiert, was Suggestionskraft entwickeln kann. Mandy Hanke hat ihr dafür ein Becken gebaut, an und in dem die drei Künstlerinnen (jede übrigens mit einer guten Singstimme ausgestattet) sich gegenseitig darin überbieten, dem Publikum klarzumachen, dass Kosmos nicht nur junge Autorinnen und Autoren mit ihren Texten entdecken lässt, sondern auch deren Übermittlerinnen und Übermittler. Es wäre  schön, wenn Laura Dittmann, Kaija Ledergerber und Maria Strauss in Bregenz bald in größeren Produktionen zu begegnen ist.

Weitere Aufführungen von “Immer wenn ich falle: Klippenspringerin” von Raoul Eisele am 1. und 2. Juli, 20.30 Uhr, im Kosmodrom des Theaters Kosmos in Bregenz: theaterkosmos.at