Kultur zu später Sunde
Leicht haben es die Damen und Herren Abgeordneten im Vorarlberger Landtag nicht immer. Zum Beispiel am vergangenen Mittwoch: Um 9 Uhr begann die Diskussion zum Rechnungsabschluss des vergangenen Jahres. Der Vormittag war der allgemeinen Debatte gewidmet, ab 14 Uhr begannen die Abgeordneten mit den Spezialkapiteln, also beispielsweise Familie, Verkehr, Wirtschaft und dergleichen. Alljährlich wird gewechselt, mit welchem Kapitel man den Anfang macht. Im speziellen Fall bedeutete das, dass um 14 Uhr mit dem Kapitel 4, Finanzen begonnen wurde, dann wurde nach Kapiteln abgearbeitet, also anschließend Kapitel 5 etc. bis man wieder zu Kapitel 1, 2 und 3 kam. Kultur ist Kapitel 3, kam nach dieser Reihung also als letztes an die Reihe. Das war um etwa 21 Uhr, nach zwölf Stunden Sitzung (allerdings mit Unterbrechungen). Dass man da vielleicht schon etwas müde ist, kann man niemandem vorwerfen. Und dennoch war es keine langweile Abhandlung der Kultur, wenn es auch nur in ganz wenigen Punkten eine Debatte war.
Wie ein roter Faden zogen sich die derzeit überall spürbaren Probleme durch die Beiträge der einzelnen Rednerinnen und Redner: Corona hatte das Kulturleben weitgehend zum Erliegen gebracht, die nun etwas lockerere Handhabung hat nicht zur wirklichen Erholung geführt, weil der Publikumsschwund in nahezu allen Bereichen spürbar ist. Weit ist man noch von den Zahlen vor Corona entfernt. So ist das eine Übel noch nicht überstanden, da kommt schon das nächste, fast noch schärfere: Die durch den verbrecherischen Russland-Feldzug gegen die Ukraine ausgelöste Teuerungswelle auf allen Ebenen, das Ansteigen der Inflation auf bisher ungeahnte Ausmaße. Also eine Verdoppelung der Probleme: weniger Zuschauer und höhere Kosten. Die Kunst und Kultur trifft also all das, was den normalen Menschen in seinem Lebensalltag auch trifft. Und so wie die Löhne und Gehälter bei den Beschäftigten oder auch die Pensionen nie in dem Maß steigen können, wie das Inflation erfordern würde, so können die Subventionen nie die derzeitigen Einbußen der Kultur ausgleichen. Da beißt sich natürlich auch die Katze in den Schwanz: An sich schon weniger Besucher nach Corona, nun müssen die Menschen aufgrund der Inflation auch noch sparen – und da kommt natürlich auch die Kunst und Kultur dran, da wird gespart wie überall. Die Menschen gehen weniger ins Theater und in Konzerte, sie kaufen keine Kunst mehr, sie ziehen sich vor den Fernseher zurück.
Im Landtag gab es keine Rezeptur gegen diese Probleme, natürlich kam von allen Seiten der Wunsch nach erhöhten Förderungen, der aber angesichts immer knapper werdender Budgets kaum realisierbar erscheint. Und so bleibt der Kultur – wie allen anderen Bereichen auch – nur das Hoffen auf ein Ende der großen Krise.
„So ist das eine Übel noch nicht überstanden, da kommt schon das nächste, fast noch schärfere.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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