Die Musik ist eine Naturschützerin

Kultur / 10.07.2022 • 18:40 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Kann sich Musik politisch positionieren? Natürlich! Klingt bei Camerata Musica Reno sogar bestens.

Bregenz Spaß beiseite, denn es ist ein ernstes Thema, dem sich die Camerata Musica Reno mit einer symphonischen Lesung widmete: die Folgen des Klimawandels für alle und wie man das Ruder noch herumreißen könnte.

Zunächst zu den Eckpunkten dieses Projekts. 2019 gründete der Vorarlberger Dirigent Tobias Grabher die Camerata Musica Reno, ein junges Kammerorchester für Musikerinnen und Musiker aus der Rheintalregion. Tobias Grabher selbst studiert, lebt und arbeitet als Dirigent in Wien, wo er u. a. das Studioorchester der pro arte der Universität für Musik und darstellende Kunst musikalisch leitet.

„Wendezeiten“

Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer stammen auch aus dem „Wiener Eck“. Mit Musik haben sie beruflich gesehen weniger zu tun. Ihr Metier ist der Klimaschutz. Und dann ist da noch Xenia Rubin, Anfang Zwanzig, aus Salzburg stammend und eine Virtuosin an der Violine. Wie das alles zusammenpasst? Sehr gut, wenn das Mischungsverhältnis stimmt und es sich dabei eben um die symphonische Lesung „Jahreszeiten Klimawandel Wendezeiten“ handelt. Die gab es am vergangenen Wochenende im Bregenzer Theater Kosmos, das förmlich aus allen Nähten platzte, zu erleben.

Über die Jahrhunderte hinweg haben sich Musikschaffende immer wieder mit der Natur beschäftigt. Joseph Haydn mit seiner „Schöpfung“ zum Beispiel oder Antonio Vivaldi mit seinen „Jahreszeiten“. Aber auch Edvard Grieg („Im Herbst“) oder zeitgenössische Komponistinnen wie Johanna Doderer (von der das Werk „Mondsee“ auf dem Programm stand) reflektierten in ihrem Schaffen die Natur. Zwischen diese einzelnen Musikpassagen schoben die Lesungs-Macher rund um Tobias Grabher nun Textpassagen aus dem aktuellen Buch von Rogenhofer-Schlederer – „Ändert sich nichts, ändert sich alles“ – ein. Siehe da, es passte Stimmung zu Stimmung, Gehörtes zu Gehörtem. Man hört zum Beispiel von Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer, wie eine „Bootspartie“, in der man ruhig die globale Gesellschaft erkennen darf, munter auf den tosenden Wasserfall zusteuert, während der Wald brennt und das Boot längst schon leckt. Das Orchester antwortet darauf mit Vivaldis „Der Sommer“ und atemberaubenden Soli von Xenia Rubin. Das Boot treibt weiter und es ertönt Doderers „Mondsee“, in dem Blitz und Sturm über das Wasser fahren. Rauft sich die Boots­partie zusammen und sucht nach Lösungen, erklingt versöhnlich Edvard Griegs „Im Herbst“. Das Anliegen dieser Musik-Text-Natur-Collage ist klar. Jetzt ist die Zeit, um aktiv zu werden. Damit – und der nicht enden wollende Applaus ist bester Beweis dafür – zeigt sich einmal mehr, dass Kunst und Kultur Themen aufgreifen und damit Menschen bewegen kann. Gratulation zu so viel künstlerischer Qualität mit globalem Gewissen! VF

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