David Bowie zwischen Literatur und Film

Poison Artist
Jonathan Moore,
349 Seiten
Suhrkamp Verlag
Ein Roman erinnert an David Bowie und in San Francisco geht es um die Definition des Schmerzes.
Roman Der Toxikologe und Schmerzforscher Caleb Maddox hat einen Hang zu hartalkoholischen Getränken, gerade wenn er in Beziehungsproblemen steckt, wird dies verstärkt. Das ist gerade der Fall, da seine Freundin mit Sack und Pack sein Haus verlässt. Dazu gerät sein Forschungsinstitut ins Strudeln, da er den Investoren nicht die nötigen Zahlen und Fakten bezüglich des Forschungsgegenstands, einer eindeutig an einer Skala definierten Schmerzerfahrung liefern kann – noch nicht. Denn bei Henry, einem Kumpel aus der Gerichtsmedizin San Francisco, stapeln sich Männerleichen, die scheinbar grundlos getötet wurden. Maddox analysiert im Labor und es kristallisiert sich heraus, dass alle Opfer unterschiedlichen, voll professionell durchgeführten Martermethoden ausgesetzt waren, bevor der Todesstoß vollzogen wurde. Zudem lernt Maddox eine mit Absinth bewaffnete Femme Fatale kennen, die aus einem Film der Jahre um den 2. Weltkrieg entsprungen sein könnte, wer hier an Marlene Dietrich oder später an Jeanne Moreau denkt, liegt nicht falsch. Wenn man diese Handlungsstränge richtig aneinanderfügt, landet man in einem leicht unterkühlten und alkoholgeschwängerten Thriller namens „Poison Artist“.
Kühle Präzision
Inhaltlich lässt Jonathan Moore die Geschichte gut vom Stapel laufen, er weiß seine Story zu zügeln und seine Leser trotzdem bei Laune zu halten, ohne dass er auf 100 Seiten bereits mit dem Spannungsbogen durch ist. Sprachlich funktioniert er passabel und die Einführung in Biochemie dürfte Jonathan Moore auch gemacht haben. Ein anständiger Thriller, wobei die Femme fatale, mit einem Hauch Noir, mittlerweile ein Allgemeinplatz ist, durch den die Geschichte leider abfällt. Es wäre wirklich einmal spannend, es mit keiner Femme fatale, sondern mit dem Pendant, einem Homme fatale, zu tun zu haben.
Bowie im Kopf
Er war einmal und ist nicht mehr: David Bowie. Das ist jetzt nicht gerade eine Neuigkeit, und dennoch ragt der Musiker immer wieder als fast übermächtiger Schatten über den neu übersetzten Roman „Der Mann der vom Himmel fiel“, von Walter Tevis. Aus gutem Grund, Tevis schrieb den latent dystopischen Roman 1962, mit Bowie in der Hauptrolle wurde er 1976 verfilmt. Bowie mimte den humanoiden Außerirdischen Thomas Jerome Newton, der auf die Erde kommt, um seinen in Not geratenen Heimatplaneten zu retten, dem langsam, aber sicher das Wasser ausgeht. Bowie, 1976 tief in seiner Ziggy-Stardust-Phase, orange gefärbtes Haar, sehr schlanker Körper, und geschminkt – das Gegenstück zum Schwermetaller oder Althippie – schlüpfte wirklich gut in die Rolle, und konnte im Nicolas-Roeg-Film tatsächlich mit schauspielerischen Qualitäten glänzen, was jetzt nicht jeder Musiker, der einen Abstecher in den Film macht, von sich behaupten kann.
Nachzusehen gibt es den Film bei Streaming-Diensten, insofern nicht uninteressant, da sich das Drehbuch ziemlich genau an die Dialoge, an die stärksten Bilder und an den Schnitt des Romanciers hält. Natürlich hat das Buch mehr Zeit zu zeigen, wie Newton sukzessive vom System einkassiert wird. Langsam nimmt der Roman Fahrt auf, führt die Charaktere ein und macht den Firmensitz in Kentucky zu einem High-Tech-Labor, ohne gutem Ende. Die entspannte Schreibweise des Autors macht Sinn, denn ein dystopischer Roman, der dramaturgisch auf keine Rettung des Helden aus ist, kann sich mit seinem Untergang Zeit lassen.

Der Mann, der vom Himmel fiel
Walter Tevis,
267 Seiten,
Diogenes
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