Was es mit der Neuübersetzung von Shakespeare auf sich hat

Jakob Nolte hat Shakespeares „Der Sturm“ neu übersetzt und schuf mit der Nähe zum Original eine Herausforderung.
Bregenz Es gibt gewiss gut spielbare Übersetzungen von William Shakespeares Drama „Der Sturm“. Doch auf eine solche wollte der Regisseur Jan Bosse für die Neuinszenierung nicht zurückgreifen. Da er bereits bei der Produktion von „Don Quijote“ mit dem deutschen Schriftsteller Jakob Nolte zusammenarbeitete, der eine Bühnenfassung des Romans von Miguel de Cervantes (nach der Übersetzung von Susanne Lange) erstellte, fand man auch jetzt wieder zusammen. Nolte, geb. 1988, bekannt etwa durch den Roman „Schreckliche Gewalten“, erarbeitete keine weitere Adaptierung, er übersetzte das 1611 uraufgeführte Stück neu. Die Premiere findet am Samstag im Theater am Kornmarkt statt. Nachdem die Bregenzer Festspiele mit „Don Quijote“ die vor Jahren begonnene Kooperation mit dem Deutschen Theater Berlin wieder aufnahmen, wird sie nun mit „Der Sturm“ fortgesetzt.

Das Stück habe den Ruf, schwer zu sein, weil es nicht so einen eng geführten Plot hat, erklärt Jakob Nolte im Gespräch mit den VN sein Interesse am Werk. Es habe aber einen besonderen Reiz. Ein Bild für eine verzauberte Insel zu finden, die viel mit den Kolonisationsbewegungen in Europa zu tun hat, für die Verfremdung angesichts eines britischen Autors, der italienische Figuren schafft, die auf einer Insel vor Afrika sind, das fand er aufregend. Bekanntlich plant Shakespeares Figur Prospero, einst Herzog von Mailand, der von seinem Bruder gestürzt und auf hoher See ausgesetzt wurde, mit Hilfe magischer Kräfte auf einer Insel seine Rehabilitierung.
Jakob Nolte schuf keine Übersetzung im Sinne einer Neudichtung, sondern orientierte sich am Original, das, so der sprachenkundige Schriftsteller, „von Jahr zu Jahr schwerer zu verstehen ist, weil Wörter verloren gegangen sind.“ Das betreffe auch den Humor, der am schnellsten seine Kraft verliert. „Ich wollte nicht so tun als wäre es anders, indem ich versuche, Wortspiele zu finden, die jenen entsprechen, die vor mehr als 400 Jahren verwendet wurden.“ Er möchte nach der Beschäftigung mit dem Originalfolio und verschiedenen Übertragungen auch nicht sagen, dass er etwas entdecken konnte, das andere Übersetzer vielleicht übersehen haben, aber er habe aber weniger versteckt. „Ich versuchte nichts glatt zu streifen“. Spannend sei es, auf der Bühne mit dieser Kunstsprache umzugehen, wenn sie lebendig wird, liefere sie vielleicht neue Entdeckungen. Er gestehe, dass es sicher nicht leicht für die Schauspielerinnen und Schauspieler, diesen Text zu lernen. „Er ist nicht ohne, aber die Dinge sind in sich kohärent.“ Er durfte jedenfalls dennoch auf die Proben kommen. „Alle waren nett zu mir.“

Dass Regisseur Jan Bosse und der Dramaturg David Heiligers Streichungen unternommen haben, steht angesichts der Länge des Originals außer Frage. Angekündigt ist eine Aufführungsdauer von gut zwei Stunden. Ein Begriff aus Noltes Untersuchung sei noch erwähnt: Das Wort Teen, bei uns mittlerweile für Teenager oder Teenie gebräuchlich, bezeichnete einst einen Schrecken.
Festspielpremiere von „Der Sturm“ am 23. Juli, 19.30 Uhr, im Theater am Kornmarkt in Bregenz. Weitere Aufführungen am 25. und 26. Juli