In Bregenz und Salzburg gefeiert

Kultur / 12.08.2022 • 17:56 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Sopranistin Corinne Winters trägt das spezielle Regiekonzept für Janáceks „Katja Kabanová“ in Salzburg. APA
Sopranistin Corinne Winters trägt das spezielle Regiekonzept für Janáceks „Katja Kabanová“ in Salzburg. APA

Janáceks „Katja Kabanová“ bietet auch dem Bregenzer Publikum interessante Begegnungen.

Salzburg, Bregenz So ein Konzept funktioniert nur mit einer jungen Sopranistin, deren Stimmvolumen sich gut entwickelt hat und die auch enorme schauspielerische Fähigkeiten mitbringt. Für Janáceks „Katja Kabanová“ hat sie Regisseur Barrie Kosky mit Corinne Winters gefunden. Opernfreunde in der Region horchen bei diesem Namen auf, die US-Amerikanerin begeisterte als Micaela in „Carmen“ auf der Bregenzer Seebühne, sie ist auch in der Zürcher Produktion von „Pelléas et Mélisande“ aufgefallen und war am Theater Basel engagiert.

Dass sich Kosky für ein kammerspielartiges Stück (die Oper basiert auf dem Schauspiel „Gewitter“ von Ostrowski) auch noch die schwierigste Bühne der Salzburger Festspiele gewählt hat, mag verwundern. Offenbar sehen es Regisseure als Herausforderung, in einem riesigen Raum den Fokus auf eine Figur zu richten, ist doch Andreas Homoki mit „Madame Butterfly“ auf der Bregenzer Seebühne heuer selbiges gelungen.

Zarte Wärme und Eiseskälte

Mit dem Dirigenten Jakub Hrusa war er sich einig. Der Tscheche ist von „Die Sache Makropulos“ in Zürich bestens in Erinnerung. Während Leos Janácek hier auch viel Komik einfließen lässt, geht es in „Katja Kabanová“ um das Seelenleben einer jungen Frau. Sie ist stark, aber sensibel, empathisch und gleichzeitig mit einer ungemeinen Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und der Umwelt ausgestattet. In einer völlig erstarrten Gesellschaft erkennt sie weder eine Überlebens- noch eine Fluchtmöglichkeit. Die Geschichte ist bekannt, der Ehemann säuft, die Schwiegermutter regiert mit einer Unerbittlichkeit und eine geheime Liebschaft wäre keine Alternative. Ihr Selbstmord löst selbst beim unmittelbaren Umfeld nur kurze Bestürzung aus, von der Mitwelt wird er ungerührt zur Kenntnis genommen. Die Musik lässt diese Interpretation zu, zarte Wärme und Eiseskälte geraten den Wiener Philharmonikern nie zu plakativ, zudem gilt es den Stimmen Raum zu geben und das gelingt Corinne Winters mit ihrem geschmeidigen Sopran und der Kraft in den Darstellungsmöglichkeiten sowieso und Jarmila Balázová kann als junge Vavara bestens mithalten. Mit Evelyn Herlitzius (Kabanicha) und Jaroslav Brezina (Tichon) ist die Besetzung edel und weiters kompetent. Dem Symbol der Eingeschlossenheit, das Kosky erzeugen will, kommt die breite Felswand der Bühne entgegen. Für die Ausstattung braucht es nur Hunderte zur Wand gedrehte Puppen und ein paar fast durchgehend reglose Statisten, die in jedem Akt neu formiert werden. Bei guter Lichtregie funktioniert das bis zur Spieldauer von knapp zwei Stunden. Das ist gut kalkuliert und angesichts einer ausgefeilten Personenregie bzw. erwähnter Einzelleistungen frappierend. cd

Weitere Aufführungen bis 29. August bei den Salzburger Festspielen. TV-Übertragung, 15. August, 11.05, ORF2, 20. August, 20.15 Uhr, 3sat.