Ein gelungenes Orchesterprojekt

85 Musiker der „Orchesterakademie“ und Dirigent Daniel Cohen punkteten auf allen Linien.
Bregenz Jubel und eine Welle der Zustimmung am Sonntag beim Abschluss der ersten „Orchesterakademie“ der Festspiele. Das neue Projekt war im Vorfeld ernstlich gefährdet, nachdem sein Erfinder Andrés Orozco-Estrada als neuer Chefdirigent der Wiener Symphoniker heuer im April überraschend abgedankt hatte. Mit dem 38-jährigen israelischen Dirigenten Daniel Cohen war bald ein Bregenz verbundener und exzellent erfahrener Orchesterleiter der jüngeren Generation zur Stelle und die „Orchesterakademie“ damit gerettet.
Auf die Idee, einen Crash-Kurs für internationale Orchestermusiker auszuschreiben, hatten sich 360 Bewerber aus dem europäischen und südamerikanischen Raum gemeldet. 85 davon im Alter zwischen 17 und 27 Jahren wurden von 15 Dozenten der am Projekt beteiligten Wiener Symphoniker in Absprache mit der künftigen Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik ausgewählt.
Sie ergaben einen klanglich und technisch unglaublich glänzenden Klangkörper, bei dem die hoch qualifizierte Karoline Wocher aus Rankweil die Konzertmeisterstelle übernehmen durfte. Und es ist ganz erstaunlich, wie gut Cohen und seine Musiker miteinander „können“, auf welch hohem Niveau, mit welch jugendlicher Selbstverständlichkeit da innerhalb einer Woche ein schwieriges Programm einstudiert wurde. Es deckt mit Zeitgenössischem, Wiener Klassik und klassischer Moderne einen Großteil des üblichen Konzertspektrums der Festspiele ab. Der bekannte Montafoner Herbert Willi lässt nach Längerem wieder einmal mit einer neuen Komposition aufhorchen. Die Uraufführung von drei Sätzen seines zehnteiligen Zyklus „DSONG“ bedeutet in der ihm nahestehenden koreanischen Kultur die innere Verbindung zwischen Mensch und Natur. Und Willi ist seiner typisch klaren Tonsprache treu geblieben, Elemente der Minimal Music in einem Zweitonmotiv, scharfkantige Akzente und Rhythmen, gleißende Orchestertutti von monumentaler Urgewalt und – Stille. Das Publikum feiert den anwesenden Komponisten und die herzhaft aufspielenden Musiker. Die österreichische Trompeterin Selina Ott (24) erscheint mit einer blitzsauberen Ausführung von Haydns Es-Dur-Konzert mit dem Gassenhauer-Thema im 3. Satz – so perfekt, dass es fast wieder steril wirkt, aber auch mit schöner Leichtigkeit. Gewaltig dagegen die 5. Symphonie von Schostakowitsch, die sich als klangprächtiges Orchestergemälde zwischen martialischen Fanfaren und Aufmärschen und einem kaum mehr hörbaren Innehalten im Largo entpuppt, brillant gewichtet im gegenseitigen Feingefühl zwischen Dirigent und Orchester.
Eine einmalige Angelegenheit
„Es war eine wundervolle Woche“, meint Daniel Cohen am Schluss zum Publikum und hat die Lacher auf seiner Seite, als er mit der Straußpolka „Unter Donner und Blitz“ als Zugabe den Festspielen gutes Wetter für die letzten Seeaufführungen wünscht.
Eigentlich schade, dass dieses tolle „No-Name-Orchester“ gleich nach seinem Triumph schon wieder Geschichte ist. Dafür haben seine Mitglieder die Chance, nun in einem internationalen Orchester anzudocken. Darum: Fortsetzung dringend erbeten. JU