Politsatire mit Witz und Biss

Ensemble Café Fuerte legt mit „Tintenfischen“ in kleinen Gemeindestuben große Themen offen.
Hittisau Der Plot ist rasch erzählt. Auf einer kleinen Insel politisieren die Menschen mehr aus Sentimentalität als aufgrund wesentlicher Anliegen bzw. Zukunftsfragen. Was die jüngste Produktion des Theaterensembles Café Fuerte so anziehend macht, ist die Art der Überhöhung durch den Autor Tobias Fend und die Regisseurin Danielle Fend-Strahm.
Damit sind die Leiter des in Vorarlberg und in der Ostschweiz tätigen Unternehmens genannt, die zur Aufführung des Stücks „Tintenfischen“ in ein Zelt in Hittisau laden, bevor es später auch in Feldkirch und Trogen gezeigt wird. Die „Politsatire im dörflichen Milieu“, wie Fend seinen jüngsten Text umschreibt, setzt seine Arbeiten „Auf nach Alang!“ und „Pakete Pakete“ fort, die die Ausbeutung von Ressourcen und Werktätigen bzw. deren Verursacher in den Fokus stellen. Es ist das Verdienst des Verfassers wie der Vermittler, dass die an sich geläufigen Themen jeweils in ihrer Komplexität aufgeblättert werden und dass sich niemals platte Agitation einschleicht.

Bei „Tintenfischen“, einem Werk, das zudem von viel Humor durchzogen ist, wird es besonders augenfällig. Das Vorhaben, Ketchup durch eine Pipeline vom Produktionsstandort auf einer kleinen Insel ans Festland zu pumpen, ist derart skurril, dass es erst gar nicht verwundert, dass nicht ein Unternehmer, der sich alles erlauben kann, oder die Frage nach der Zukunft angesichts des zurückgehenden Fischfangertrages einen Streit entfacht, sondern die dafür notwendige Verrückung eines Denkmals. Vom Krakenstein leiten viele der rund 500 Inselbewohner ihre Identität ab, weil von dort aus angeblich einmal ein Angriff mit einem Krakenwurf abgewehrt worden ist. Nachdem es so wenige Konstanten im Leben gibt, soll dieser genau dort bleiben, wo er seit ein paar hundert Jahren steht.
Fend zeigt mit seinem Text großes Gefallen am Aufzeigen der Verhaltensweisen von Menschen angesichts der Strukturen in der Kommunalpolitik: „Sag mir nicht, was Demokratie ist. Ich weiß, was Demokratie ist. Euch geht es einfach zu gut. Ihr zerhaut alles wegen eines alten Steins.“ Mitunter lässt er den Text in Richtung Karikatur kippen, das Team ist allerdings so gut aufeinander eingespielt, dass man über die Musik, über Bewegungsabläufe und Reaktionen wiederum zur Satire zurückkehrt, die noch als Theaterstück zu charakterisieren ist.

Dass Tobias Fend selbst auch ein wandlungsfähiger Schauspieler ist, dürfte längst bekannt sein, neben Jeanne Devos, Katharina Uhland und Gregor Weisgerber hat auch er mehrere Rollen zu übernehmen. Der Wechsel vom Agieren zum Erzählen erfolgt zudem rasant, ist bestens getaktet und verleiht der rasch durchschaubaren Handlung einen besonderen Drive. An den eingestreuten Erkenntnissen zu Kraken und Tintenfischen lässt es sich laben, während man erkennt, dass Fend auch die Landsgemeinden in einigen Schweizer Kantonen im Auge hat. Macht und die Fähigkeit zur Manipulation haben hier vor allem Frauen. Ausgleichende Gerechtigkeit angesichts von Verhältnissen in unserem Nachbarland, wo an einigen Orten bis vor wenigen Jahren ausschließlich Männer das Sagen hatten.

Demokratie ist unbequem, aber es gibt keine Alternative. Mit Witz, guter Musik von Nikolaus Feinig und Florian Wagner, logischen Kostümen von Matthias Strahm, einem passenden Arena-Setting von Ronja Svaneborg und griffiger Regiearbeit von Danielle Fend-Strahm lässt sich eine erst gar nicht beißend angelegte Satire durchaus mit Biss vermitteln.
Weitere Aufführungen am 21., 23. und 24. September, jeweils ab 20 Uhr, in Hittisau, dann in Feldkirch und Trogen: cafefuerte.at