Der Hass – ein elementares Gefühl

Eröffnung des 25. Philosophicums in Lech.
Lech „Unter gewissen Bedingungen wird der Hass immer stärker sein als die Liebe. Ich weiß, wir hätten es gerne umgekehrt. Vielleicht belehrt uns der Mythos darüber, dass wir hier vorsichtig sein sollten“, fasste Konrad Paul Liessmann, der langjährige Spiritus Rector des Philosophicums, das Motto des diesjährigen Symposiums zusammen. Die Veranstaltung, die noch bis Sonntag dauert, beschäftigt sich in diesem Jahr mit dem Thema „Der Hass. Anatomie eines elementaren Gefühls“.
Geschichten und Assoziationen
Den Abend vor der offiziellen Eröffnung bestreiten schon seit vielen Jahren Michael Köhlmeier und der Wiener Philosoph. Zum aktuellen Thema erzählt Köhlmeier traditionell die literarischen Geschichten, Liessmann geht darauf mit philosophischen Assoziationen ein, was stets eine intellektuelle und ausgesprochen unterhaltsame Doppelconférence ergibt. Der fantastische Geschichtenerzähler Köhlmeier startete mit einer Fusion von Fakten und Fiktion bei Adam und Eva und ihren Kindern Kain und Abel, ließ die Zuhörer mit den fürchterlichen Erlebnissen von Medea und ihrem Gatten Jonas erschauern und schloss mit dem nicht weniger blutrünstigen Ring der Nibelungen. Alles Geschichten, die, passend zum Motto, voll sind mit Hass, Mord und Totschlag. Am kommenden Sonntag, 19 Uhr, treten Konrad Paul Liessmann und Michael Köhlmeier auch im Theater Kosmos in Bregenz auf.
Hass im Netz
Die Podiumsdiskussion am Donnerstagnachmittag drehte sich um „Hass im Leben – Hass im Netz: Werden die sozialen Medien überschätzt?“. Die ehemalige Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, berichtete über so massive Drohungen, dass sie sich gezwungen sah, rechtlich dagegen vorzugehen und heute nicht mehr in den sozialen Medien aktiv ist. Der Journalist Patrick Stegemann zeigte sich zudem davon überzeugt, dass Gewaltfantasien in der virtuellen Welt zum Teil auch in der Realität umgesetzt werden. Dennoch warnte Anna Schneider, Chefreporterin bei WELT, vor einer Zensur der sozialen Medien, da das bestehende Strafrecht absolut ausreichend sei und nur zur Anwendung kommen müsste.
Eröffnung
Im Anschluss wurde die 25. Auflage des Philosophicums Lech offiziell eröffnet. Bürgermeister Gerhard Lucian, Obmann Ludwig Muxel, Landeshauptmann Mag. Markus Wallner und Staatssekretärin Andrea Mayer begrüßten die zahlreich erschienen Besucher. Auch in diesem Jahr werden wieder namhafte Referenten bis Sonntag Impulse rund um das Thema Hass liefern. Die Teilnehmer erwarten unter anderem Vorträge von Reinhard Haller über den Trieb zur Grausamkeit, Psychodynamik und Psychopathologie des Hasses, von Ingrid Vendrell Ferran zu „Hassen: Warum es so schwierig ist, damit aufzuhören“, Jeannette Fischer reflektiert über den Hass, der immer auch Selbsthass ist, Barbara Zehnpfennig spricht über den „Hass auf die Welt, der Hass auf den Menschen, wie ideologisches Denken den Blick verzerrt“, Bernhard Heinzlmaier beschäftigt sich mit „Angst, Ressentiment und Hass in den Jugendkulturen“ und Svenja Flaßpöhler beleuchtet den „Umgang mit Hass.“ Im Anschluss an die Vorträge folgen am Vor- und Nachmittag Diskussionen, jeweils moderiert von Rainer Nowak oder Konrad Paul Liessmann.
Am Freitagabend wird der mit 25.000 Euro dotierte „Tractatus“-Essaypreis an Marie Luise Knott vergeben. Die Autorin erhält die Auszeichnung für ihren Roman „370 Riverside Drive, 730 Riverside Drive“, in dem sie die Erfahrungs- und Gedankenwelt der Philosophin Hannah Arendt und des Schriftstellers Ralph Ellison in Beziehung setzt. Am Samstagabend findet um 21.00 Uhr ein Konzert des Alban Berg Ensemble Wien in der Neuen Kirche Lech statt.
Jubiläumsband
Zum 25-jährigen Jubiläum ist der Sammelband „Der Geist im Gebirge“ erschienen. In dem Buch hat Herausgeber Konrad Paul Liessmann die interessantesten Beiträge der Jahresthemen des Philosophicum Lech von 1997 bis heute zusammengestellt und damit einen interessanten Überblick über 25 Jahre des Philosophierens in Lech geschaffen.