Neugierig machen auf Musik

Hanspeter Fricks ansteckende Begeisterung umfasst alle Alters- und Gesellschaftsschichten.
BLUDENZ Als Musikvermittler und Vorkämpfer für Neue Musik hat Hanspeter Frick die „bludenzer tage zeitgemäßer musik“ gegründet und begeistert bis heute als Solist und Pädagoge die Jugend für die Gitarre. In der Pension hat der einstige Direktor der tonart-Musikschule Mittleres Rheintal eine Gitarren-Methodik entwickelt und ist Mitglied zahlreicher Chorvereinigungen des Landes.
Sie waren Erfinder der heute international renommierten „bludenzer tage zeitgemäßer musik“. Wie hat sich das am Anfang angelassen?
FRICK Ich war seit 1982 Leiter der „Jeunesse“-Geschäftsstelle Bludenz. Mit einem weitgefächerten Angebot sollte ein breites Publikum für die aktive Teilnahme am Kulturgeschehen begeistert werden. Um eine Plattform für junge Musik und Musiker auch aus der Region zu schaffen, gründete ich 1986 das Musikforum Bludenz, das als Vorgängerorganisation des späteren Vereins „allerArt“ gelten kann. 1987 fanden erstmalig „bludenzer tage zeitgemäßer musik“ statt, dort bereits mit dem späteren Konzept für „allerArt“, nämlich die Künste miteinander in Beziehung zu setzen: Ausstellung, Musik, Literatur. Das hatte Erfolg, wodurch wir zur Fortsetzung 1988 ermutigt waren und offiziell den „Verein zur Förderung von Kunst und Kultur“ gründeten. Aufgrund meiner beruflichen Veränderung musste ich die zeitaufwendige ehrenamtliche Leitung abgeben und war froh, ab 1991 mit Georg Friedrich Haas einen ambitionierten Nachfolger gefunden zu haben, dem Wolfram Schurig, Alexander Moosbrugger und ab 2014 die heutige Leiterin Clara Ianotta folgten.
Wie ist man damals überhaupt auf die Bezeichnung „zeitgemäße“ Musik gestoßen, bis heute irgendwie ein Markenzeichen?
FRICK Das Festival sollte ein breites Publikum begeistern und dazu beitragen, dass Musik für die Menschen bedeutsam wird. Dazu gehört auch das „mehrsinnige Erfassen“ von Kunst. Dies kann Musik aus unserer Zeit sein, dort aber ohne Grenzen der Genres. Das kann aber auch Musik sein, deren Bedeutung in unsere Zeit hineinreicht, aber in früherer Zeit konzipiert wurde. Also wollte ich mich nicht in das Korsett „zeitgenössisch“ einzwängen lassen, daher erschien mir der Begriff „zeitgemäß“ treffender.
Auch nach 33 Jahren gilt das Bludenzer Festival für viele Leute als elitär, zu schwer verständlich. Was sagen Sie denen?
FRICK Die Konzerte dienen als wichtiges Laboratorium für junge Komponisten. Daran kann das Publikum aktiv Anteil haben und sich darin bilden. Das antike Ideal wurde auch von der „Polyästhetischen Erziehung“ aufgegriffen und Erfahren und Darstellen als gesellschaftlicher Vorgang begriffen. Für Besucher stellt sich demnach die Frage: „Will ich mich mit der Gesamtheit unserer Kultur tolerant und neugierig auseinandersetzen?“, für den Veranstalter hingegen: „Werden die Angebote der Forderung nach einer möglichen Einbeziehung einer Mehrheit der Gesellschaft gerecht?“
Wie verstehen Sie selber Ihre aktive Tätigkeit als Musikvermittler und Kulturförderer im Land?
FRICK Ich sah mich als „Herzensöffner“ für das Verständnis und die Begeisterung von Musikausübung. In den „Jeunesse“-Konzerten waren es die Veranstaltungen, welche für Kinder und Jugendliche konzipiert wurden, und an der Musikschule die Arbeit an der Fähigkeit der Kinder, Musik aktiv zu erleben. Eltern und Erwachsene allgemein wurden als vorbereitendes Umfeld mit einbezogen.
Sie haben dazu in der Pension für Ihre jungen Kollegen eine neue Lehr-Methodik entwickelt. Worum geht es da?
FRICK Mithilfe des relativen „Singens nach Silben“ soll die Tonvorstellung mit dem technischen Erlernen der Grundfertigkeiten ausgebildet werden. Dadurch wird die Möglichkeit für das intuitive Spiel als Voraussetzung beim Improvisieren geschaffen. Einen Eindruck davon vermittelt der Link www.gitarrensingeklingebahn.com
Womit kann man Sie begeistern – außer mit Musik?
FRICK Mich begeistert auch der Aufenthalt in der Natur, sei es bei der „erdigen“ Gartenarbeit oder beim Wandern und Radfahren.
aufführungen
„bludenzer tage zeitgemäßer musik“: 8. Oktober, 20 Uhr, Schallfeld Ensemble; 9. Oktober, 17 Uhr, Brian Archinal & Francesco Palmieri; 9. Oktober, 15 Uhr, Galerie Capelli Bludenz: Finissage mit Hanspeter Frick, Gitarre
Zur Person
HANSPETER FRICK
GEBOREN 23. Mai 1957 in Bludenz
AUSBILDUNG Musikstudium Tiroler Landeskonservatorium, Lehramts- und Konzertdiplom in Gitarre, Studium der Musik- und Erziehungswissenschaften Universität Innsbruck, 1999 Promotion zum Dr. phil.
TÄTIGKEIT Unterrichtstätigkeit seit 1976 in Bludenz, 1991 – 1996 Leiter Musikschule Mittleres Rheintal, danach Musikerzieher und Schulleiter an Musikschulen in der Schweiz; Mitwirkung in verschiedenen heimischen Chören, als Gitarrist Konzertauftritte ab 1981 solo und mit Orchester, Konzertveranstalter und Kulturförderer von nahezu 200 Events
FAMILIE Verheiratet mit der Musiklehrerin Agnes, zwei Söhne