Im Dorf und im Land
In der vergangenen Woche fanden zwei Veranstaltungen statt, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben, die man aber trotzdem gemeinsam sehen kann. Einmal gab es am letzten Samstag die Land Gespräche Hittisau im gut gefüllten Bergmann-Saal, dann trafen sich knapp 300 Teilnehmer am Donnerstag in Schwarzenberg zur 2. Kulturenquete des Landes im Kauffmann-Saal. An beiden Tagen viele Vorträge, Gespräche – kurz gesagt ziemlich anspruchsvolle Stunden, die Aufmerksamkeit erforderten. Zumindest dann, wenn man von dem Gesagten etwas mitnehmen, vielleicht sogar für das eigene Tun umsetzen wollte. Die Themen waren natürlich unterschiedlich, in Schwarzenberg ging es um das Große Ganze der Kultur im Land, in Hittisau um das vielleicht nicht weniger Wichtige zum Leben im Dorf. Bei beiden Veranstaltungen hochkarätige Referentinnen und Referenten an den Rednerpulten und ebenso bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Gesprächsrunden.
Natürlich ist es etwas anderes, ob ich über die verschiedenen Bereiche und Notwendigkeiten für das kulturelle Leben im Land oder über die Voraussetzungen für ein gutes Leben am Land, also im Dorf rede. Bei der Kulturenquete ging es nicht zuletzt darum, wie man die freie kulturelle Szene finanziell gerecht behandeln könne, wie man die vielen Kulturschaffenden aus dem Rande oder aus der direkten Armut bringen könne. Dazu gibt es inzwischen Studien, die „Fair-Pay“, also gerechtes Bezahlen, als drängendstes Thema in diesem Bereich festmachten. Daneben aber wurden eine ganze Reihe anderer Themen behandelt, wurden „Best-Practice-Beispiele“ gebracht, wie man auch in schwierigen, in außergewöhnlichen Situationen Erfolge erzielen könne oder wie sich Grenzsituationen und Überschreitungen von Grenzen auf Kunst und Kultur auswirken können. Dabei ging es nicht um Ergebnisse, sondern vielmehr um das Aufzeigen von Möglichkeiten, auch um neue kulturelle Formate, die sich auch aus neuen oder alten Räumlichkeiten entwickeln können. Manch spannende Ansätze, deren Verfolgung in Zukunft interessant sein könnte.
In Hittisau zeigte sich, dass die kleinere Einheit, das Dorf, ein nicht weniger komplexes Gebilde ist. Auch hier geht es um Angebote, nicht zuletzt kulturelle Angebote, die dabei helfen können, vor allem junge Menschen im Dorf zum Bleiben zu bewegen. Kultur reicht aber natürlich nicht aus, da braucht es noch viele andere Angebote, etwa Bildungsstätten, einen Laden, ein Gasthaus oder einen Dorfplatz, die für das Treffen der Menschen wichtig sind. Und nur wenn das stimmt, dann kommen junge Menschen, die schon auswärts gewohnt haben, wieder ins Dorf zurück.
Es hat sich gezeigt, dass das eine ohne das andere nicht geht: Die Kultur des Landes braucht die kleine Einheit, das Dorf, das Dorf aber braucht umgekehrt den Einfluss der größeren kulturellen Einheit des Landes. Dann muss es nicht, aber dann kann es funktionieren.
„Dabei ging es nicht um Ergebnisse, sondern vielmehr um das Aufzeigen von Möglichkeiten.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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