Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Frische Millionen im Land

Kultur / 23.10.2022 • 06:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Da schlug das Herz des Finanzverantwortlichen des Landes, das von Landeshauptmann Markus Wallner, doch gleich viel schneller. Anstatt noch einmal tief in die fast leeren Taschen zu greifen und neue Schulden machen zu müssen, greift er nun ins Volle und zahlt mehr als 60 Millionen Schulden zurück. Das bringt geradezu diebische alemannische Freude. Denn der Geldsegen kommt überraschend. Die Ertragsanteile des Bundes haben geradezu ein Füllhorn gebracht. 811 Millionen Euro hat man sich in Vorarlberg aus Wien erwartet, nun sollen es aber rund 900 Millionen werden. Was tun mit solchem Geldsegen? Natürlich, so der gestandene Vorarlberger: Schulden zahlen. Dagegen ist ja einmal nichts einzuwenden, denn die vergangenen Krisenjahre haben den Geldbeutel doch deutlich geschmälert. Trotzdem: Ein wenig kreativer hätte man mit einem Teil der Millionen doch umgehen können.

„Nicht nur das Land hat in den Krisenjahren viel verloren, Künstlerinnen und Künstler hat man in dieser Zeit weitgehend vergessen.

Beispielsweise im gesamten Sozialbereich, in dem Hilfe immer mehr nottut. Durch die galoppierende Inflation, die nach oben kein Maß zu kennen scheint, rutschen viele Menschen in die Armutsfalle. Die Ausgabestellen von „Tischlein deck dich“ füllen sich, die Menschen können sich Heizung und Essen oft nicht mehr leisten. Da könnte man mit einer oder zwei „Armutsmillionen“ ziemlich viel tun. Gleiches in der Kinderbetreuung oder auch bei den Gehältern im Sozialbereich, in dem die Menschen dorthin abwandern, wo man leistungsgerechter bezahlt wird.
Ein weites Feld würde sich auch in der Kultur auftun. Nicht nur das Land hat in den Krisenjahren viel verloren, Künstlerinnen und Künstler hat man in dieser Zeit weitgehend vergessen. Das gilt für die einzelnen Kulturschaffenden ebenso wie für Kulturveranstalter. Die Kleinen kämpfen ohnehin ums tägliche Brot, aber auch die großen, das Kunsthaus Bregenz, das Landesmuseum und vor allem das Landestheater stehen mit dem Rücken zur Wand. Da hätte man mit dem unerwarteten Geldsegen doch etwas richten können. Hat man aber, wenn man das für das kommende Jahre geplante, allerdings noch nicht beschlossene Budget ansieht, nicht getan.

Schließlich der Bund, von dem der Geldsegen ja kommt. Da könnte doch Finanzminister Magnus Brunner etwa in einem Gewaltstreich die Universitäten des Landes aus ihren unerträglichen Geldsorgen befreien und ihnen wieder die Möglichkeit geben, sich auf Lehre und Forschung zu konzentrieren statt auf die unwürdige Umsetzung eines Sparprogramms. Oder der Finanzminister könnte sich auch einmal der Kultur besinnen und den Kulturschaffenden jenen steuerlichen Vorteil bieten, der den Sportlern schon lange zusteht. Sportler müssen nämlich nur ein Drittel ihres Einkommens versteuern. Mit einer ähnlichen Kultur-Verordnung würde Minister Brunner damit zeigen, dass sich Österreich noch immer als Kulturnation sieht – und da wären ein paar Millionen doch höchst sinnvoll eingesetzt.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.