Von Blendern und guten jungen Autoren

Die Uraufführung von „Option 301“ von Nico Raschner verdeutlicht ungemein vieles.
Bregenz Eine 301-Weiterleitung bedeutet, dass Daten einer Webadresse dauerhaft verschoben werden. „Option 301“ betitelte Nico Raschner sein neues Kurzdrama, mit dem der Vorarlberger Schauspieler und Autor (geb. 1996) dem Theater Kosmos nun am Donnerstagabend einen maßgeblichen Erfolg bescherte. Seit rund zehn Jahren finden junge Dramatikerinnen und Dramatiker auf der dortigen kleinen Bühne, dem Kosmodrom, ihr Publikum. Das ist eine Einrichtung von enormem Wert, die die Kosmos-Leiter Hubert Dragaschnig und Augustin Jagg mit dem Regisseur Stephan Kasimir und dem Autor und Literaturvermittler Wolfgang Mörth entwickelten und zu einem der Grundpfeiler des Unternehmens ausbauten.

Raschner ist schon als Jugendlicher mit Kurzgeschichten aufgefallen, die auch in die damals in der VN-Kulturredaktion entworfenen Autorenbeitragsserie Aufnahme fanden. „Schreiben ist etwas Intuitives“, erklärte er bei der Uraufführung von „Option 301“ angekoppelten Podiumsgespräch. Nachdem sich das Bild einer der Szenen in ihm festigte, sei ihm der Text in wenigen Tagen von der Hand gegangen.
Beunruhigendes
Dabei hat diese Situation in einem Arbeitsamt mehrere Ebenen, die in der Inszenierung von Stephan Kasimir wie in der Ausstattung von Caro Stark Berücksichtigung finden. Rudolf Schmitz, 32 Jahre alt, soll sich dort einfinden. Schon der blaue Raum mit der sich rasch schließenden Tür hat etwas Beunruhigendes, das in groteske Szenen mündet, wenn ihn eine Computerstimme nach seinen Lebensdaten fragt, diese umgehend einem Optimierungsprozess unterzieht bzw. in eine Fassung bringt, die ihn in einem neoliberalen Wirtschaftssystem leichter vermittelbar macht.

Mit dem Auftauchen des Beamten Friedrich Homberger, der partout die Einwilligung von Rudolf Schmitz zum Identitätswechsel erreichen will, entsteht eine Art kafkaeske Situation. Nachdem Anwar Kashlan den Widerstand dieses Schmitz konsequent mit nahezu naiver Beharrlichkeit untermauert und Jens Ole Schmieder das Böse an Homberger grandios an der Grenze zur Komik entlang spielt, tun sich schon in wenigen Minuten Abgründe auf.
Philosophische Tiefe
Nico Raschner gelingt es in dem Stück mit einer Spieldauer von nur einer guten halben Stunde, das Thema der Selbstoptimierung bis hin zu den Blendern, die in der Arbeitswelt wie in der Politik durchaus Etappenziele erreichen, aus besonderer Perspektive zu beleuchten und er geht dabei in psychologische und philosophische Tiefen, die Fragen nach der Identität und der charakterlichen Prägung berühren. Der stringente Aufbau, das Bedrohliche wie auch die Poesie finden durch das Team (das der Schauspieler Okan Kalfa als eine Art Avatar gut ergänzt) die absolut adäquate Umsetzung.
Weitere Aufführungen von „Option 301“ am 28. und 29. Oktober, jeweils 20 Uhr, im Kosmodrom des Theaters Kosmos in Bregenz.

