Heute kein Forellenquintett

Kultur / 18.12.2022 • 15:45 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Das Ensemble Louise Farrenc präsentierte die Produktion "Heute kein Forellenquintett".   <span class="copyright">Kenichi Kawabata (4)</span>
Das Ensemble Louise Farrenc präsentierte die Produktion "Heute kein Forellenquintett". Kenichi Kawabata (4)

Hörens- und sehenswerte Konzerttheaterproduktion im Theater KOSMOS.

Bregenz Am 15. und 16. Dezember gastierte die Pforte erstmals im Bregenzer Theater KOSMOS. Auf dem Programm stand das Konzerttheater „Heute kein Forellenquintett“, bei dem die Musiker sowohl als Instrumentalisten als auch als Pantomimen auftraten.

heute kein forellenquintett

Ensemble Louise Farrenc

Mayumi Kanagawa Violine

Klaus Christa Viola

Mathias Johansen Violoncello

Dominik Wagner Kontrabass

Katya Apekisheva Klavier

 

Lionel Ménard Regie

Lionel Ménard, Klaus Christa & Andreas Feuerstein Buch

Klaus Christa Idee

Nachdem das Stück coronabedingt im vergangenen Jahr als Videostream aufgeführt wurde, präsentierte das Ensemble Louise Farrenc die Produktion unter der Regie von Lionel Ménard erstmals live vor Publikum. Das 2020 gegründete Ensemble setzt sich aus den Musikern Mayumi Kanagawa (Violine), Klaus Christa (Viola), Mathias Johansen (Violoncello), Dominik Wagner (Kontrabass) und Katya Apekisheva (Klavier) zusammen.

Lionel Ménard und Klaus Christa entwickelten gemeinsam zwölf Szenen.
Lionel Ménard und Klaus Christa entwickelten gemeinsam zwölf Szenen.

Was ist aus unserem Leben jenseits von Mobiltelefonen, Computern und dem Internet geworden? Diese Frage stellt Lionel Ménard in der Konzerttheaterproduktion. Hier werden die Einsamkeit und Angst sicht- und spürbar, die uns als Folge eines zu stark digitalisierten Alltags überwältigt, gleichzeitig erhalten wir aber auch eine Ahnung dessen, was die Menschen dazu veranlasst.

Zu hören waren Werke von Schubert, Bach, Mozart, Bottesini, Glière, Prokofiev, Gubaidulina und Farrenc.
Zu hören waren Werke von Schubert, Bach, Mozart, Bottesini, Glière, Prokofiev, Gubaidulina und Farrenc.

Der Inhalt selbst ist schnell erzählt: Der Hausmeister eines Wiener Zinshauses, genauer gesagt des Geburtshauses von Franz Schubert, hat sich zum Ziel gesetzt, die Bewohner seines Hauses aus der Einsamkeit zu befreien. Durch geheime Interventionen bringt er seine Mieter dazu, wieder an soziale Kontakte und Begegnungen zu denken. Schlussendlich gelingt es ihm tatsächlich, alle miteinander zusammenzubringen. Sie beschließen, gemeinsam ein Quintett von Louise Farrenc, einer nahezu vergessenen französischen Komponistin, die der Hausmeister neben Schubert sehr schätzt und die Adressatin vieler imaginärer Briefe von ihm ist, statt des Forellenquintetts zu spielen. Lionel Ménard und Klaus Christa entwickelten gemeinsam zwölf Szenen, die wie bei einem Theaterstück miteinander verwoben sind und als finaler Höhepunkt in der kompletten Aufführung des Farrenc-Klavierquintetts münden. Die Musiker sind dabei – durchaus überraschend – als überaus begabte pantomimische Darsteller zu bewundern, musikalisch spielen alle ohnehin auf sehr hohem Niveau und der ungewöhnliche, aber sehr unterhaltsame Abend bereitet großes Vergnügen. Zu hören waren Werke von Franz Schubert, Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Giovanni Bottesini, Reinhold Glière, Sergei Prokofiev, Sofia Gubaidulina und Louise Farrenc.

Die Musiker sind als überaus begabte pantomimische Darsteller zu bewundern.
Die Musiker sind als überaus begabte pantomimische Darsteller zu bewundern.

Lionel Ménard, enger Vertrauter von Marcel Marceau bis zu dessen Tod und europaweit angesehener Pantomime-Regisseur, hat mit Klaus Christa, dem künstlerischen Leiter der Pforte, eine beeindruckende, sehens- wie hörenswerte Produktion entwickelt. Den feinen, oft melancholischen Humor mit der zauberhaften Musik unter die Melone des Pantomime-Theaters zu bringen, schien Klaus Christa der ideale Weg, sich diesem Thema  zu nähern. „Für mich als regelmäßigen Busfahrer ist es ein eindrucksvolles und gleichzeitig beunruhigendes Bild, wenn sich zum Beispiel im Bus vier Menschen gegenübersitzen und ununterbrochen in ihre Handys starren.“

Ménard schloss sich nach dem Tod Marceaus für einige Jahre Philippe Genty an, bevor er seine eigenen Produktionen zu entwickeln und selbstständig als Pantomime-Regisseur zu arbeiten begann. Zahlreiche erfolgreiche Produktionen waren seither auf Europas Bühnen zu sehen, unter anderem in der Philharmonie Luxembourg, im Wiener Konzerthaus oder im Leipziger Gewandhaus.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.

Der Titel der Produktion „Heute kein Forellenquintett“ weist übrigens auf die Berufung des Ensembles Louise Farrenc hin, das die Musik von Komponistinnen der letzten 200 Jahre wieder zugänglich machen will. Das großartige Klavierquintett op. 30 von Louise Farrenc ist das erste Werk, das die Besetzung von Franz Schuberts Forellenquintett aufgreift.

Programm

Franz Schubert (1797-1828): Impromptu Ges-Dur op. 90 N°3 für Klavier

Reinhold Glière (1875-1956): Berceuse  aus: 8 Pieces op. 39 für Violine & Kontrabass

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Thema aus den Goldbergvariationen      

Sofia Gubaidulina (*1931): 3. Satz aus Streichtrio 3. Satz für Violine, Viola & Violoncello

Johann Sebastian Bach: Gavotte und Rondeau aus Partita E-Dur, BWV 1006 für Violine,

Prelude in E-Dur aus Das Wohltemperierte Klavier

Franz Schubert: Allegro moderato aus Arpeggione-Sonate a-Moll, D 821 für Violoncello & Klavier

Giovanni Bottesini (1821-1889): Gavotte für Kontrabass & Klavier

Sergei Prokofjew (1891-1953): Visions Fugitives op. 22 N° 10 & 8 für Klavier

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791): 3. Satz: Tema con variazioni. Andante grazioso – Allegretto – Allegroaus Duo für Violine und Viola B-Dur, KV424

Louise Farrenc (1804-1875): 2. Satz Adagio ma non troppo aus Klavierquintett 1 a-Moll, op. 30 für Klavier, Violine, Viola, B-Dur, KV424

Franz Schubert: Die Forelle op. 32 D550

Louise Farrenc: Klavierquintett Nr. 1 a-Moll, op. 301.

Allegro

2. Adagio ma non troppo

3. Scherzo: Presto

4. Finale: Allegro

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.