Hier liegt Gott auf der Therapiecouch

„Oh mein Gott!“ von Anat Gov bescherte dem Theater am Saumarkt viel Zuspruch.
Feldkirch Es ist eine Komödie, sie ist herzerwärmend, man braucht nicht allzu bibelfest zu sein, um dem Dialog zwischen einer Psychologin und Gott folgen zu können und inwieweit „Oh mein Gott!“ einer theologischen Überprüfung standhält, ist zweitrangig oder auch ziemlich egal. Die israelische Drehbuchautorin und Dramaterikerin Anat Gov (1953-2012) hinterfragt hier nicht Auslegungen religiöser Schriften, die in der Menschheitsgeschichte zu ziemlichen Katastrophen geführt haben. Was sie interessiert, ist das Verhältnis des aufgeklärten Menschen zu seiner Spiritualität sowie sein Mitleidsempfinden und ganz pragmatisch sind es die Mechanismen des Analyseverfahrens, die hier zum Ausdruck kommen.

Bei der jüngst erfolgten Aufführung des Stücks „Oh mein Gott!“ im Theater am Saumarkt, die als Kooperation des Feldkircher Kulturkreises mit dem Bühnenunternehmen von Heidi Salmhofer zustande gekommen ist, zeigte sich das große Interesse der Menschen an Humorvollem mit Tiefgang bzw. Anspruch. So gut besetzt ist der Kellerraum mit charakteristischem Gewölbe nicht immer.
Auf dem Divan von Freud
Das Wertvolle an der Inszenierung von Nikolaus Büchel zeigt sich darin, dass er den Dialog sehr sachte in einen märchenhaften Bereich rückt, indem er die Zeit etwas zurückdreht (DVD-Player waren einmal richtige Ungetüme) und eine Atmosphäre wählt, in der die Psychologin, die Herr G., also Gott, aufsucht, sehr weiblich und ungemein stark wirkt. Der Divan, der an jenen von Sigmund Freud erinnert, soll verdeutlichen, dass wir es mit einer fiktiven Nachfahrin des Begründers der Psychoanalyse zu tun haben. Freuds religionskritischen Ansatz zu widerlegen, ist nicht Absicht des Stücks, es ist eher daraufhin angelegt, dass Gott angesichts einer mächtigen und zornigen sowie einer barmherzigen Persönlichkeitsstruktur mit sich in Konflikt gerät.

Schauspielerin Lisa Wildmann, bekannt von verschiedenen Fernsehproduktionen, bringt in mütterlich anmutender Erscheinung blitzschnelle Kombinierfähigkeit, großes Wissen und eine geistige Überlegenheit gegenüber ihrem Gast zum Ausdruck.
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So hat das Gov wohl konzipiert, wenn sie darauf anspielt, dass der biblische Gott die Frau als dem Mann untergeben schuf und keine Begründung dafür vorzuweisen hat, was Büchel, der selbst den um Therapie bittenden Herrn G. spielt, folgerichtig recht kleinlaut werden lässt.

Der Verlauf des Therapieprozesses mit dem Zurückgehen zu wesentlichen Entscheidungen, in dem Fall die Erschaffung des Menschen und die Überprüfung der Gottesliebe desselben, ist ein spannendes Detail des Stücks. Ein anderes ist der profane Vergleich des zürnenden, strafenden biblischen Gottes mit der Verhaltensstruktur eines gewalttätigen Mannes, dem die Ausraster leidtun. Am Ende soll das in den Griff bekommene Imponiergehabe Gottes den nach seinem Ebenbild geschaffenen Menschen ein friedvolleres Zusammenleben bescheren. Eine schöne Illusion nach einem gut gebauten, anregenden Dialog, der nicht mehr ist als das und in dieser Inszenierung auch nicht zu mehr aufgebauscht wird.
Eine weitere Aufführung ist am 29. März im Theater am Kirchplatz in Schaan geplant.