Wirtschaftsraum zwischen Alpen und Rheinfall

Sonderausstellung Mittelalter am Bodensee im vorarlberg museum.
Bregenz Der Bodensee und seine Zuflüsse wurden im Mittelalter als Wasserwege genutzt, die den Wirtschaftsraum von den Alpenpässen in Graubünden bis zum Rheinfall verbanden. Städte bildeten Bündnisse, man einigte sich auf ein einheitliches Währungssystem, betrieb Landwirtschaft, Handwerk, Bergbau und handelte mit weit entfernten Städten wie Barcelona und Brügge.
Wanderausstellung
Archäologische Fachstellen und Museen rund um den Bodensee haben sich zusammengeschlossen, um im Rahmen einer Wanderausstellung Einblicke in das mittelalterliche Leben im Bodenseeraum zu bieten. Ob Tragekiepe, Gusstiegel, Glasrecycling oder Knochenarbeiten – rund 150 hochkarätige und zum Teil nie gezeigte Funde und Schriftquellen veranschaulichen den regen Handel, mittelalterliche Handwerkskunst und das Leben am Bodensee.
Der Bodensee war im Mittelalter ein verbindendes Gewässer. Viele Hundert Jahre nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches erlebte der Fernhandel ab dem 13. Jahrhundert einen unglaublichen Aufschwung. Im Mittelalter war der See zentrale Drehscheibe eines eng verflochtenen Wirtschafts- und Lebensraumes. Städte gründeten Währungsunionen, eine vorindustrielle Arbeitsteilung und Spezialisierung bildeten sich heraus, die Kreuzzüge erschlossen den Textil-Fernhandel bis nach Nordafrika und in die Levante. Für regen Schiffsverkehr auf dem Bodensee sorgte vor allem der regionale Handel. Überschüssiges Getreide aus den landwirtschaftlich orientierten Regionen Schwabens wurde in die Ostschweiz, in der die Viehwirtschaft dominierte, geliefert. Graubünden und Vorarlberg sorgten für ausreichenden Nachschub an Bauhölzern und Rebstecken. Die Steinbrüche im Raum Rorschach Staad-Thal lieferten „Rorschacher Sandstein“.
Alltagsleben in der Bodenseeregion
Die Ausstellung bietet zahlreiche archäologische Fundstücke aus der ganzen Region, von den Alpentälern in Graubünden bis nach Süddeutschland und an den Rheinfall. Sie stammen aus der Zeit von etwa 1000 bis 1500 n. Chr. und erzählen von Landwirtschaft, Handwerk und Handel, Schifffahrt und Alltag. Die Auswahl reicht vom Holzfass bis zum Münzschatz, vom Kinderschuh bis zum Altglas-Depot. Sie zeigen nicht das Mittelalter der Ritter mit Rüstungen, Hellebarden oder Altarbildern. Erzählt wird das Alltagsleben in der Bodenseeregion.
Ein kostbares Exponat ist der Riedlinger Vertrag aus dem Jahr 1423: Der Münzvertrag zwischen der Grafschaft Württemberg, den sechs Bodenseestädten Konstanz, Überlingen, Lindau, Wangen, Buchhorn (heute Friedrichshafen), Radolfzell sowie weiteren innerschwäbischen Städten regelte verbindlich die Geldverhältnisse weiter Teile Schwabens für Jahrzehnte. Eine gemeinsame Währung wurde eingeführt. An der Urkunde hängen die Siegel der 18 Vertragspartner, die in außergewöhnlich gutem Zustand sind. Ein weiterer Höhepunkt sind Gebetsketten, sogenannte Paternoster, aber auch Spielsteine und Würfel, hergestellt aus Unterkiefern und Mittelfußknochen von Rindern. Die Knochenleisten wurden durchbohrt, manchmal lässt sich lückenlos die Produktionskette von Beinschnitzern erkennen.
Für die internationale Wanderausstellung „Mittelalter am Bodensee“ haben sich zwölf verschiedene Museen und archäologische Fachstellen aus der Vierländerregion Bodensee zusammengeschlossen. Sie präsentieren der Öffentlichkeit rund 150 hochkarätige, zum Teil nie gezeigte archäologische und historische Exponate. Die Wanderausstellung ist bis 7. Mai im vorarlberg museum zu sehen.

Mittelalter am Bodensee: Wirtschaftsraum zwischen Alpen und Rheinfall, Sonderausstellung von 4. Februar bis 7. Mai 2023, www.vorarlbergmuseum.at
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