Lorem ipsum

Kultur / 03.02.2023 • 15:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Jan Klammer und Valentin Hämmerle im Kreisverkehr des Funkhauses. <span class="copyright">FRO/MS, MF</span>
Jan Klammer und Valentin Hämmerle im Kreisverkehr des Funkhauses. FRO/MS, MF

Haemmerle/Klamm mit wegweisender Installation im Funkhaus.

Es wird sich zeigen, ob sich Marbod Fritsch selbst einen Gefallen getan hat, die erst zweite Ausstellung in der von ihm kuratieren Kunsthalle FRO im ORF-Funkhaus dem Künstlerduo Haemmerle/Klamm zu überlassen. Er ist es, der im Mai Argumente finden muss, die den Rückbau der frisch angebrachten Versatzstücke rechtfertigen – und das ist eine undankbare Aufgabe. Valentin Hämmerle und Jan Klammer haben nämlich das Kunststück vollbracht, dem Gebäude aus der Feder des Architekten Gustav Peichl mit ihrer Installation „Orfeus“ mehr als 50 Jahre nach dessen Eröffnung den letzten Schliff zu verpassen.

Sie nutzen das Foyer des Funkhauses als Bühne, haben am Geländer mehrere Blechplatten in aller Unaufdringlichkeit so angebracht, dass sie die ursprüngliche Architektur weiterdenken und nicht nur auf den ersten Blick so wirken, als wären sie schon immer da gewesen. Haemmerle/Klamm besitzen das große Talent, das Potenzial eines Raumes zu erkennen und aus wenig viel zu machen. Das bedeutet gleichsam, zu wissen, wo man sich befindet. Schon im Frühstadium des Konzepts war ihnen klar, dass dieses Gebäude wie kein zweites für Lokalpatriotismus steht, nicht nur wegen dem Slogan „Grüß Gott in Vorarlberg“. Zudem wird vor Ort Information sowie Unterhaltung produziert und in die Region ausgestrahlt. Ihre Installation ist die kunstgewordene Verbindung dieser beiden Themenkomplexe.

Die runde Bauweise des Funkhaus-Foyers als Kreisverkehr interpretierend fungieren die blechernen Versatzstücke als Ortstafeln. Diese Heimatgefühle verstärkenden Verkehrszeichen wurden gerade zu Beginn der Corona-Pandemie häufig illegal entwendet, woraufhin sogar ein Dorf in Oberösterreich seinen Namen – die englische Schreibweise dessen, was man am höflichsten als physischen Akt der Liebe umschreiben kann – ändern ließ. Auf den Schildern von Haemmerle/Klamm steht allerdings kein Schweinekram, sondern sorgsam ausgewählte Buchstabenfolgen aus dem pseudo-lateinischen Blindtext Lorem ipsum – gestanzt in der im Jahre 1825 vom Franzosen Louis Braille entwickelten Blindenschrift. Es ist allerdings auch ein Spiel mit Information beziehungsweise deren Visualisierung per se. Was steht hinter der Schlagzeile? Wo liegt die Wahrnehmungskapazität? Es wäre allerdings eine Überinterpretation, die Installation als Medienkritik zu verstehen. Mehr ist sie ein Denkanstoß, wie man als Konsument mit der Aufbereitung von Information umgeht, ob Quantität vor Qualität zu stellen ist. Spoiler-Alarm: Zweiteres wird obsiegen.

Die Installation ist noch bis 8. Mai 2023 täglich von 9 bis 21 Uhr am Rundfunkplatz 1 in Dornbirn zu sehen, der Eintritt ist frei.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.