Eine Zelebration des Übersehenen

Kultur / 08.02.2023 • 18:15 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Der Blick ins Kosmos-Atelier. Ein Besuch zur genaueren Betrachtung der Fotografien lohnt sich.Frederick Vidal
Der Blick ins Kosmos-Atelier. Ein Besuch zur genaueren Betrachtung der Fotografien lohnt sich.Frederick Vidal

In den Fotografien von Frederick Vidal gibt es viel zu ent­decken.

Bregenz Früher fotografierte Frederick Vidal (Jahrgang 1977 – damals Marburg, heute Berlin) hauptsächlich Menschen, mittlerweile nur noch das, was sie übriglassen. Seine Kunst beschreibt er daher selbst als zeitgenössische Archäologie. Die Beiträge zur Erforschung der kulturellen Entwicklung der Menschheit, die Vidal in Serien mit Titeln wie „Don‘t You Forget About Me“ oder „Entropia“ veröffentlicht, sind teils detailverliebte Mikrokosmen, welche die gelernten Sehgewohnheiten herausfordern, aber auch Aufnahmen von Landschaften oder Maschinen, die durch ihre ungewohnte Perspektive punkten.

Der Künstler will mit seinen Bildern die Gesellschaft bereichern und sieht sich zudem als Archivar, um künftigen Generationen zu zeigen, wie wir gelebt haben.

Spurensicherung

Durch seinen unermüdlichen Forscherdrang verschlägt es ihn dadurch an ungewöhnliche Orte, wie etwa ins Innere einer Kläranlage oder in die ehemalige Lagerhalle für polizeilich konfiszierte Fahrzeuge in der Belziger Straße (Berlin Schöneberg), in der über die Zeit ausgelaufenes Öl Reifenspuren am Boden konserviert hat. Für den Spurensicherer Vidal sind solche Funde das Kleine im Großen, ein Detail aus der Vergangenheit, das gleichsam das Konzept Mobilität und wie wir uns künftig fortbewegen thematisiert. Ein Steckenpferd ist für den Künstler die Hinterfragung der Autorschaft. Wer ist für das Ergebnis verantwortlich, wenn der Mensch die Natur überschreibt und die Natur nach Jahrzehnten den Menschen wieder überschreibt? Das Wirken mehrerer Kräfte lässt immer wieder andere Deutungshoheiten zu, die am Ende des Tages dann doch im Auge des Betrachters liegen.

Vidal fotografiert überwiegend analog. Das hat allerdings nichts mit der Gretchenfrage zu tun, ob das jetzt besser sei als das digitale Ablichten, sondern mit seinem Prozess. Er legt sein Augenmerk auf die Vorbereitung und setzt somit auf Klasse statt Masse.

Linus Barta, Kurator des Kosmos-Ateliers, hat Frederick Vidal nach Bregenz gelotst und mit dieser Wahl erneut ein gutes Gespür in Sachen kultureller Bereicherung der Landeshauptstadt bewiesen. Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, der hat morgen, Freitag, die Gelegenheit dazu – um 17 Uhr beginnt die Finissage im Schoeller Areal. Der Künstler ist anwesend und man darf davon ausgehen, dass auch erst später dazustoßende Interessierte nicht vor verschlossenen Türen stehen werden. Es wäre das erste Mal. VN-HF

Finissage am Freitag, 10. Februar, ab 17 Uhr im Kosmos-Atelier, Schoeller Areal, Mariahilfstraße 29, Bregenz

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