Multikulti und Frauenpower

Kultur / 10.02.2023 • 18:56 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Am Samstag, 11. Februar, kann man ab 17 Uhr
Am Samstag, 11. Februar, kann man ab 17 Uhr “Musik in der Pforte” im Ritter-von-Bergmann-Saal in Hittisau besuchen. FRITZ JURMANN

„Musik in der Pforte“ bot einen starken Auftakt zum 25-jährigen Bestehen.

FELDKIRCH, HITTISAU Ein Vierteljahrhundert „Pforte“ – vergangen wie im Flug. Bei der ersten Generalprobe der 25. Jubiläumssaison am Donnerstag im Festsaal der Stella-Privathochschule ist alles noch vorhanden, was sich Kurator Klaus Christa und sein damaliger Partner Thomas Engel als Alleinstellungsmerkmale ihrer neuen Konzertreihe ausgedacht hatten. Die Bühne rappelvoll von einem multikulturellen 54-köpfigen Miteinander, das ohne Dirigenten, allein mit einem genialen Konzertmeister, funktioniert, eine junge Frau am Klavier mit der Uraufführung eines Orchesterwerks, ein prominenter Klarinettist, der philharmonischen Glanz verströmt, und Klaus Christa, der über einen Text von Rilke philosophiert. Besser, mitreißender, glaubhafter im Sinne der Erfinder hätte das alles nicht gelingen können.

Weiß der Kuckuck, wo Christa seine Ideen und seine Möglichkeiten hernimmt, jetzt, mitten im Schuljahr, für sein zu diesem Anlass aufgestocktes Pforte Kammerorchester Plus neben dem Stammpersonal aus der Stella auch Mitglieder der hier populären Bochabela-Strings aus Südafrika sowie Studenten der Iberacademy Medellin in Kolumbien zu rekrutieren.

Uraufführung

Jedenfalls ist es zunächst ein bunter Haufen, der ungeniert in Alltagskleidung (weil es doch die Generalprobe ist) die Bühne entert, sich langsam findet und erst dann stehend Form und Klang annimmt, als Pawel Zalejski seines Amtes waltet, der prominente polnische Konzertmeister des SOV und Primarius des Apollon Musagète Quartets. Er ist in dieser Funktion ein faszinierend motivierender, allumfassender Multi, der geigt, dirigiert, auch stampft, wenn es sein muss, seine Augen und Ohren überall hat und jedenfalls den Abend imponierend über die Runden bringt. Der Auftakt gehört der freischaffenden Musikerin Verena Zeiner (39) mit der Uraufführung ihres jugendfrischen Orchesterwerks „An observation of things“, in dem sie scheu vom Klavier aus Dinge in einer überraschend geläufigen Tonsprache beobachtet und jazzig in sparsamen Floskeln kommentiert. Im Orchester lässt sie tonale Muster sich ineinander verschränken, Elemente der Minimal Music aufkreuzen und die Streicher in satten, in Terzverwandtschaften miteinander verwobenen Dreiklängen Wohlgefühl erzeugen.

Solches hat beim Zuhörer auch schon der Deutsche Max Bruch getan, freilich ein gutes Jahrhundert früher und vor allem mit seinem unvermeidlichen Violinkonzert, das gemeinhin als gefühlsüberladen gilt. Sein spätes Doppelkonzert für Klarinette und Bratsche (1911) ist von ähnlichem Zuschnitt, breit ausladend in den opulenten Orchesterpassagen und -farben, behende und einfallsreich in den Soloparts der beiden Solisten. Neben Klaus Christa brilliert in eleganter Zwiesprache mit dem sorgsam begleitenden Orchester Matthias Schorn, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, den man schon vor zwei Jahren hier bewundert hat. Man ist erneut erstaunt über die Fülle seiner Ausdrucksmöglichkeiten, seine bruchlosen Registerwechsel, die makellose Ansprache. Was bleibt, ist nichts weniger als Beethovens „Siebte“, die „Apotheose des Tanzes“, wie man dieses Monument genannt hat.

Große Dynamik

Ein Wagnis, das zu bewältigen, in dieser Konstellation, in dieser Kürze der Probenzeit. Es ist die spürbare Begeisterung der jungen Leute und ihres Leaders, ihre bedingungslose Hingabe an dieses gemeinsame Projekt, das am Ende in lauten Jubel im Publikum mündet. Man musiziert mit großer Präzision und großer Dynamik – im jugendlichen Überschwang oft etwas laut, im Prozessionssatz sehr verhalten aufbauend. Am Ende spielen sich alle „con brio“ gegenseitig in einen wahren Rausch, fallen einander in die Arme und sind glücklich, inklusive ihres Spiritus rector Klaus Christa. So muss Musik sein! Für Kurzentschlossene: Pforte im Frauenmuseum, 11. Februar, 17.00 Uhr, Ritter-von-Bergmann-Saal in Hittisau. JU

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