Gott im Dialog mit der Seele

Kultur / 13.02.2023 • 16:45 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Gesamtes Ensemble der „Bachkantaten in Vorarlberg“ in der evangelischen Kreuzkirche Bregenz.   <span class="copyright"> Fritz Jurmann (4)</span>
Gesamtes Ensemble der „Bachkantaten in Vorarlberg“ in der evangelischen Kreuzkirche Bregenz. Fritz Jurmann (4)

Der Zyklus „Bachkantaten in Vorarlberg“ wählte für sein Jubiläum ein spezielles Thema.

BREGENZ Die Bibel hält auch Liebesgeschichten zwischen Gott und Mensch bereit, erfährt man in der Einführung. Kunstvoll überhöht in Sprache und Musik, wie es wohl nur ein Johann Sebastian Bach verstand, besitzen tatsächlich zwei „Dialogkantaten“ einen Ausnahmestatus innerhalb seiner rund 200 Kantaten, deren sorgsame zyklische Pflege sich die Bregenzer Ausnahmesopranistin Miriam Feuersinger seit 2014 zur Aufgabe gemacht hat. Mit dieser Besonderheit startete die Reihe am Samstag hoch motiviert und auf internationalem Qualitätsstandard vor dem bewährten Stammpublikum in der evangelischen Kreuzkirche am Ölrain ins zehnte Jubiläumsjahr ihrer Erfolgsgeschichte.

Die Bregenz Sopranistin Miriam Feuersinger, die die Reihe „Bachkantaten in Vorarlberg“ vor zehn Jahren gründete und bis heute das Konzept erstellt.
Die Bregenz Sopranistin Miriam Feuersinger, die die Reihe „Bachkantaten in Vorarlberg“ vor zehn Jahren gründete und bis heute das Konzept erstellt.

Mit diesen beiden Kantaten kam es erstmals auch zu einer Programmwiederholung, wie Miriam Feuersinger den VN vorab in entwaffnender Ehrlichkeit verraten hat: „Ganz einfach weil ich diese Stücke so besonders mag.“ Zwar schrieb Bach keine Opern, doch seine Dialogkantaten sind wie seine Passionen Werke von höchster emotionaler Kraft, weil sie eine persönliche Zwiesprache zwischen der christlichen Seele (Sopran) und Jesus Christus (Bass) darstellen. Martin Luther sprach davon, dass „der Glaube die Seele mit Christus wie eine Braut mit ihrem Bräutigam“ vereinige und knüpfte damit an die mittelalterliche Idee der Brautmystik an.

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Ihren stärksten sinnlichen und musikalischen Ausdruck findet diese Idee neben dem Werk „Liebster Jesu, mein Verlangen“, BWV 32, zum Auftakt vor allem in Bachs Kantate „Ich geh und suche mit Verlangen“, BWV 49. Gott nimmt hier auf besondere Weise menschliche Züge an, was in seiner Aufforderung gipfelt „Komm und lass dich küssen!“ Sie genießen sichtlich diese besondere, prickelnde Situation, die dem üblichen Ordnungsprinzip der guten Sitten in einer geistlichen Arie scheinbar zuwiderläuft, die Musiker des Ensembles der „Bachkantaten“, das sich in diesen Jahren aus heimischen und internationalen Barockspezialisten zu einer kompakten, auch menschlich verschworenen Gemeinschaft im Geiste des Originalklangs und der historisch informierten Spielweise formiert hat.

Die beiden Gesangssolisten, die Sopranistin Miriam Feuersinger und der in der Alte-Musik-Szene bekannte deutsche Bass Klaus Mertens.
Die beiden Gesangssolisten, die Sopranistin Miriam Feuersinger und der in der Alte-Musik-Szene bekannte deutsche Bass Klaus Mertens.

Den prägendsten Eindruck vermitteln die beiden Vokalisten, Miriam Feuersinger als eine der führenden, u. a. mit einem Echo-Klassik ausgezeichneten Sopransolistinnen im Bereich der deutschen geistlichen Musik und der hier bereits wiederholt verpflichtete deutsche Bassist Klaus Mertens, der sich durch seine langjährige Mitwirkung in der Alte-Musik-Szene bereits den Rang der Legendenhaftigkeit ersungen hat. Es ist, als würden einander die beiden Stimmen in ihren eng geführten Dialogen und Duetten übertreffen wollen an überirdisch stimmlicher Schönheit des Ausdrucks, an Beweglichkeit und Kunstfertigkeit ihrer leuchtenden Koloraturen. Sieben Begleitmusiker sind für eine pulsierende, schlanke instrumentale Einbettung aufgeboten.

Konzertmeisterin Renate Steinmann, Cosimo Stawiarski, 2. Geige, Johannes Hämmerle, Truhenorgel.
Konzertmeisterin Renate Steinmann, Cosimo Stawiarski, 2. Geige, Johannes Hämmerle, Truhenorgel.

Cellist Thomas Platzgummer als musikalischer Leiter, Johannes Hämmerle, Truhenorgel, und Armin Bereuter, Violone, sorgen für ein kompaktes Fundament, Elisabeth Grümmer setzt in einem Oboenkonzert von Christoph Graupner mühelos ihre virtuosen Akzente, Konzertmeisterin Renate Steinmann umspielt locker konzertierend die Bassarie „Hier, in meines Vaters Stätte“ in der zweiten Kantate.

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Wie sehr die Musiker und ihr Auditorium in der neugotischen Kreuzkirche längst eine große Familie geworden sind, zeigt sich beim gemeinsam gesungenen, berührenden Schlusschoral „O Gott, öffne mir die Pforten“.

FRITZ JURMANN

Nächste Konzerte:

20. Mai, evangelische Kreuzkirche Bregenz

21. Mai, Dom St. Nikolaus Feldkirch

Beginn jeweils 18.00 Uhr

27. März und 3. April, jeweils 21.03 Uhr, Radio Vorarlberg

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