Friedrich Cerha 96-jährig verstorben

Bewegende Klänge, bewegtes Leben des österreichischen Komponisten.
Wien Geboren wurde Cerha am 17. Februar 1926 in Wien. Der musikalisch begabte Bub begann bereits im Alter von sechs Jahren, Geige zu spielen. Die ersten Kompositionen folgten nur zwei Jahre später, und auf eigene Initiative erhielt er Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt. 1943 wurde Cerha zur Wehrmacht eingezogen. Der erklärte Gegner des NS-Regimes desertierte allerdings und flüchtete auf eine Tiroler Almhütte.
Nach dem Krieg studierte er an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst Komposition bei Alfred Uhl sowie Violine bei Vasa Prihoda, ab 1959 lehrte Cerha an der Wiener Musikhochschule, von 1976 bis 1988 auch als Professor für Komposition, Notation und Interpretation neuer Musik.

1958 entstand das von Cerha mitbegründete Ensemble “die reihe”, das als Kammerensemble für Neue Musik mit exemplarischen Aufführungen gegen die in Österreich herrschende Ödnis im Bezug auf die Musik des 20. Jahrhunderts anspielte und Cerhas Affinität zur zweiten Wiener Schule um Berg, Webern und Schönberg schärfte. Eine Folge davon war die Fertigstellung von Alban Bergs Opernfragment “Lulu”, das von Cerha um den dritten Akt ergänzt und 1979 von Pierre Boulez in Paris uraufgeführt wurde.
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Bis zur ersten wirklich eigenen Oper “Baal” sollten noch Jahre vergehen. Das Werk nach einem Drama von Bertolt Brecht brachte endgültig den internationalen Durchbruch für Cerha und wurde 1981 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Daneben gehören vor allem die (semi-)musikdramatischen Werke “Spiegel” und “Netzwerk” sowie die Literaturoper “Die Rattenfänger” nach Carl Zuckmayer zu seinen bekanntesten Kompositionen.

2002 wurde die in Zusammenarbeit mit Peter Turrini entstandene Oper “Der Riese vom Steinfeld” an der Wiener Staatsoper uraufgeführt, 2004 folgte “Opus summum”.

Anlässlich seines 80. Geburtstages wurde 2006 sein Werk „Spiegel“ im Rahmen der Bregenzer Festspiele auf der Werkstattbühne aufgeführt, 2014 folgte „1. Keintate“ im Festspielhaus. 2007 erklang “Les Adieux” erstmals bei der Biennale in Venedig. 2010 kam “Like a Tragicomedy” in Manchester zur Aufführung und 2013 stand mit “Onkel Präsident” die Uraufführung einer Komischen Oper im Münchner Prinzregententheater auf dem Spielplan. Im gleichen Jahr erklang bei den Salzburger Festspielen erstmals sein “Etoile für 6 Schlagzeuger”, 2016 schließlich “Eine blassblaue Vision”.

Beinahe so zahlreich wie seine Werke waren auch die Auszeichnungen, die Cerha im Laufe seines Lebens erhielt, unter anderen der Große Österreichische Staatspreis (1986), das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (2005), bei der Musik-Biennale in Venedig wurde er mit dem erstmals vergebenen Goldenen Löwen für ein Lebenswerk geehrt und 2012 erhielt er mit dem Ernst-von-Siemens-Musikpreis die wohl renommierteste Auszeichnung ihrer Art.
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