Neunmalneu

Die neun neuen Mitglieder von KunstVorarlberg werden in der Villa Claudia präsentiert.
Feldkirch Gabriele Bösch hat zusammen mit den jeweiligen Künstlern eine Auswahl getroffen und die Ausstellung kuratiert. Die neun neuen Mitglieder Andrea Maria Bauer, Gabriele Bösch, Reinhard Hegenbart, Carmen Margot Lins, Gerhard Rasser, David Salzgeber, Elena Schertler und Renate Wittwer zeigen Positionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Bandbreite ist groß. Es geht von Betongussskulpturen bis hin zu unglaublich fein empfundenen Arbeiten mit Spitzfeder und Tinte.

Ganz der chinesischen Maltradition, die die Leere als Raum begreift, widmet sich der Höchster Gerhard Rasser. Seine Arbeiten sind virtuos, bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, ob das Federkleid eines Vogels oder das Geäst eines Baumes. Kontemplative Arbeiten, an denen man sich nicht sattsehen kann.

Beschaulich und auch tiefsinnig ist Reinhard Hegenbarts „Cayman“ (2013-20). Die Cayman Islands sind nicht nur natürliches Habitat der Kaimane, sondern bieten auch großzügigen Schutz für dubiose Finanztransaktionen. Gepflastert mit Kapital, Kacheln gleich, auf denen man durchaus die Bodenhaftung verlieren könnte. Gesamthaft betrachtet, zeichnet sich in den 5 Arbeiten wiederum eine Echse ab.

In ganz andere Territorien entführt uns David Salzgeber mit seinen großformatigen Ölarbeiten. Man könnte seine Landschaften apokalyptisch nennen, entvölkert von jeglichen Lebewesen, aber genauso gut können es auch Landschaften der Genesis sein. Gekonnter Umgang mit Ölmalerei, Landschaften vor Gottes erstem Atemzug.

Die 19-jährige Elenea Schertler besticht durch ihren starken Malduktus, den sie in ebenso starken Themen verinnerlicht: „die Lüge“, „mehr als du siehst“, „Grenzläufer“. In ihrer Malweise ein Oszillieren zwischen Comic und Schiele. Einer ausdrucksstarken und vor allem farbenfreudigen Malerei, die den Betrachter in „herbstgoldene“ oder „winterblaue“ Landschaften versetzt, hat sich Carmen Margot Lins verschrieben. Ein Ausrufezeichen setzt Regina W. Stadler mit ihren Arbeiten, denen man den schnellen Pinselstrich ansieht.

Übermalungen, ausdruckstark, vital, spontan. Eine ganz andere Form der Malerei ist Renate Wittwer zu eigen. Ihre Darstellungen wie hinter Milchglas, auf halbem Weg Geschautes. Farblich stark akzentuiert, zugleich aber sehr zart empfunden. Als Loblieder auf die Natur oder auf einen göttlichen Plan könnte man die Arbeiten der Literatin Gabriele Bösch sehen.

Abstrakt und dennoch naturalistisch, Strings ähnlich und dennoch quicklebendig, gezeichnete Prosa gegen die Diktatur der Geschwindigkeit. Mit Mikrostrukturen und -bewegungen arbeitet auch Andrea Maria Bauer, gebettet zwischen Abstraktion und Figuration, die nicht nur mit ihren Plastiken (hier in Gussbeton), sondern vor allem mit ihren Acryl/Kohle/Grafit-Arbeiten düstere Szenarien heraufbeschwört, augenlose Gesichter, Fratzen gleich, Gliedmaßen, aufgetürmt zu kohleschwarzen Gebilden. Beeindruckend.
Thomas Schiretz
