Kunstmessemisere in Wien
Mit der jungen Kunstmesse Spark unter dem erfahrenen Kunstmessemanager Renger van den Heuvel hatte sich in kurzer Zeit eine innovative und erfolgreiche Messe etabliert. Nun wurde sie abgesagt. Interne Streitigkeiten haben diese Hoffnung für die Wiener Galerienszene sterben lassen. Der dilettantische Versuch der Betreiber derMarx-Halle, selbst das Kommando zu übernehmen, scheiterte am Mangel an Erfahrung und Kenntnis der Kunstwelt.
Um nichts besser steht es um das zweite Messeformat in Wien, die Vienna Contemporary (VC). In ihren Gründungsjahren das Flaggschiff des Wiener Kunstmarkts, präsentiert sie sich mittlerweile als dahinvegetierender Dauerpatient. Es gelang ihr immer weniger, sich im internationalen Messewettbewerb, zwischen global agierenden Großmessen wie der Messe Basel und national erfolgreichen Messen wie der Artissima Turin, zu positionieren. Zum Leidwesen der engagierten österreichischen Galerien ist die Vienna Contemporary weder die Brücke zu Osteuropa noch das Fenster zur westlichen Kunstwelt geworden.
War die Messe als Viennafair einst bei ihrer Gründung noch ambitioniert und mit der Teilnahme von Topgalerien aus Ost und West erfolgreich, so ging ihr Stern zunehmend nach ihrer Übernahme durch einen russischen Investor und Millionär unter. Die erhoffte russische Großkundeninitiative blieb ebenso aus wie sich der Glamour der Anfangsphase der Messe verflüchtigte. Auch wenn der russische Überfall auf die Ukraine im letzten Jahr das Ausscheiden des russischen Eigentümers nach sich zog, änderte dies nichts an den personellen und strukturellen Grundproblemen der Messe.
International relevante Sammler sind so rar geworden, wie die Umsätze der Messe im internationalen Vergleich kümmerlich sind. Die Fantasielosigkeit der Programme und der Vipinitiativen ergänzen diese triste Diagnose. Selbst österreichische Stargaleristen wie Thadaeus Ropac lassen sich nur mehr selten bewegen, an einer für sie zunehmend irrelevanten Messe teilzunehmen. Geblieben ist eine vor sich hin dämmernde und zum Kleinformat geschrumpfte Regionalmesse, die mittlerweile mit kümmerlichen Standorten wie der desolaten alten Post 2021 und dem beengten, kleinräumigen Kursalon 2022 sogar im Schatten der Alternativmesse Parallel steht.
Zu Recht haben die Stadt Wien und die Kulturpolitik bislang relevante finanzielle Unterstützung an die Vienna Contemporary verweigert. Ja, anderswo werden Kunstmessen als wichtiger Beitrag zur kulturellen Infrastruktur einer Stadt gefördert. Aber dann eingebettet in ein städtisches Kulturkonzept mit neuen tüchtigen Teams, einer künstlerisch ökonomischen Vision und internationaler Vernetzung und Kooperation. Hier steht nicht das Was zur Disposition, nur das Wie. Wiens Kunstszene und -markt brauchen eine Kunstmesse, aber eine andere und bessere.
„Die Fantasielosigkeit der Programme und der Vipinitiativen ergänzen diese triste Diagnose.“
Gerald Matt
gerald.matt@vn.at
Dr. Gerald Matt ist Kulturmanager und unterrichtet an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.
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